„Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an“ lautet ein Zitat von Kurt Tucholsky. Genau das hat Antje Schiffers in den vergangenen Monaten reichlich getan.
Auf Einladung der ehemaligen Leiterin der Städtischen Galerie Delmenhorst, Dr. Annett Reckert, und anlässlich von 650 Jahre Stadtrecht Delmenhorst reiste die Künstlerin in die Partnerstädte von Delmenhorst.
Partnerstädte von Delmenhorst
Jeweils eine Woche lang besuchte Antje Schiffers als diplomatische Vertreterin der Städtischen Galerie zwischen August 2021 und März 2022 Lublin in Polen, Kolding in Dänemark, Allonnes in Frankreich sowie das brandenburgische Eberswalde. Die letzte Station ihrer Reisen führte sie nach Borisoglebsk in Russland. Ihre Ausreise fiel kurioserweise auf den Einmarsch der Russen in die Ukraine. „Ich habe einen der letzten Flieger bekommen“, berichtet Antje Schiffers.
Vorausgegangen waren den Fahrten in die Partnerstädte mehrere Besuche von Delmenhorst, da die in Heiligendorf geborene Künstlerin diese Stadt bislang ebenfalls noch nicht kannte. Hier schaute Antje Schiffers sich im Haus Coburg und im Nordwestdeutschen Museum für IndustrieKultur um und erfuhr von Ute Winsemann, in der Stadt Delmenhorst zuständig für die Partnerstädte, viel über partnerschaftliche Diplomatie.
Polen, Dänemark, Frankreich, Russland und Deutschland
Darüber hinaus sprach Antje Schiffers mit Rainer Duczek, dem letzten Lehrling der Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei, sowie Margrid Kettler und Kurt Reissweber, die beide einst bei Delmod beschäftigt waren. Gemeinsam fertigten die Vier eine Tischdecke an, deren Motive einen Bezug zu Delmenhorst haben.
Mehrere Exemplare davon nahm die Künstlerin mit, um sie auf ihren Reisen verschiedenen Personen als Gastgeschenk zu überreichen. Die Decke ist im Shop der Städtischen Galerie erhältlich.
Anders als auf Delmenhorst, bereitete Antje Schiffers, die neben Englisch auch Französisch und Russisch spricht, sich bewusst nicht auf die Partnerstädte vor. „Ich habe mich auf dem Weg dahin bewusst ganz leer gemacht, um dann so viel wie möglich aufzusaugen. Je nach Ziel hat mir das diplomatische Protokoll mehr oder weniger Freiraum gelassen“, erzählt Antje Schiffers.
Kunst als Erlebnis
Sie war überrascht, wie unterschiedlich die Partnerstädte selber, aber auch deren Umgang mit Kultur gewesen sei. Erschwerend hinzu gekommen seien die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie.
„In Allonnes – einer grauen Plattenbaustadt – wird zum Beispiel viel Wert auf Kulturangebote für alle Einwohner gelegt“, erinnert sich die Künstlerin und fügt hinzu: „Im russischen Borisoglebsk bedauerten meine Gastgeber, dass ich im Winter zu Gast war und so gar nicht die schönen Gärten sehen konnte.“
In allen Städten sammelte Antje Schiffers „Mitbringsel“, wozu auch Interviews, Videos, Fotografien, Zeichnungen und ihre Notizen gehören. Aus diesen zusammengetragenen Versatzstücken generierte sie die Ausstellung im Haus Coburg. Dort stellt sie mit einer sehr persönlichen Perspektive die Städte und deren Einrichtungen vor, fokussiert mitunter Details und Nebensächliches.
Wissenswertes zu den Partnerstädten
Nicht ein Kunstwerk bildet bei Antje Schiffers Ausstellung den Mittelpunkt, sondern das Ereignis der sozialen Interaktion. In den Räumen gibt es keine Tafeln mit Erklärungen. Stattdessen hängen „Zeitungen“ aus, in denen man Wissenswertes zu den Partnerstädten und Erklärungen zu den ausgestellten Gegenständen findet. Sie sind in Deutsch und der jeweiligen Landessprache verfasst.
Die Ausstellung „Antje Schiffers. Im Widerstand, im Aufbau, in der städtischen Kantine“ ist bis zum 19. Juni im Haus Coburg an der Fischstraße 30 zu sehen.
Pop-Up-Café
Ab Ostern finden immer donnerstags um 18 Uhr Stippvisiten in der aktuellen Ausstellung statt. Ein lukullisches Angebot gibt es ab 15. Mai. Dann öffnet Silvia Harjes, Mitglied im Freundeskreis Haus Coburg, immer sonntags in der Zeit von 11 bis 17 Uhr ein Pop-Up-Café in der Städtischen Galerie Delmenhorst.