Uwe Martin ist seit August 2022 Ortsamtsleiter für Woltmershausen und die Neustadt. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.Foto: Schlie Uwe Martin ist seit August 2022 Ortsamtsleiter für Woltmershausen und die Neustadt. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Foto: Schlie
Interview

„Die Neustadt ist streitbarer“

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Ortsamtsleiter Uwe Martin über seine Ziele, seine Fahrradtouren und den Wandel

Weser Report: Herr Martin, in Ihrem Vorstellungsgespräch haben Sie angekündigt, als neuer Ortsamtsleiter nach 100 Tagen im Amt 100 neue Kontakte geknüpft zu haben und täglich zehn Kilometer Fahrrad gefahren zu sein. Haben Sie Ihr Ziel erreicht?

Uwe Martin: Ich bin zwar viel mit dem Fahrrad unterwegs, merke aber auch, dass ich viel im Ortsamt bin. Mein dritter Wunsch war es, das Team hier neu aufzustellen und dafür war meine Präsenz vor Ort sehr wichtig. Aber auf die 100 Leute komme ich. Auch meine Schwäche, Namen und Gesichter zu verbinden, bessert sich, ich übe fleißig. Das Fahrradfahren ist für mich eine schöne Möglichkeit, die Stadtteile kennenzulernen und auch Umwege in Kauf zu nehmen. Ich genieße es, nach den Sitzungen mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren und die Stadtteile im Dunkeln und in den Seitenstraßen zu erleben.

Konnten Sie sich schon in die wichtigen Stadtteilthemen einarbeiten?

Ich habe vorher schon einiges mit verfolgt und in den ersten 100 Tagen sind natürlich viele Themen in den Fachausschuss- und Beiratssitzungen aufgekommen. Ich bin in allen Dingen auf Stand, aber noch nicht in die Tiefe eingetaucht. Wir wollen erst einmal das Tagesgeschäft am Laufen halten, und ich arbeite mich in die Tiefe, wenn die Themen aktuell sind und die Akte auch tatsächlich auf dem Schreibtisch liegt. Dann hole ich mir entsprechende Unterstützung aus den Fachausschüssen. Ich versuche, die kommunalen Sachbearbeiter mit einzubeziehen und für das Vor-Ort-Verständnis zu Außenterminen mitzunehmen.

Sie wollten im Ortsamt nicht nur umräumen, sondern auch die Strukturen verändern. Wie weit sind Sie?

Das ist noch nicht abgeschlossen. Wir haben umgestellt um die räumlichen Arbeitsstrukturen der Einarbeitung anzupassen. Wir schauen in einer wöchentlichen Teamsitzung, wo noch Nachbesserungsbedarf besteht, und das wird sich in den nächsten Monaten weiterentwickeln. Die Räumlichkeiten sind begrenzt und es ist sehr beengt. Wenn wir künftig ins Hachez-Quartier umziehen, wird sich das anders gestalten. Im Winter werden wir wohl wieder auf ein digitales Sitzungsformat umschwenken müssen, weil unser Sitzungssaal zu beengt ist.

Sind denn hybride Formate für Beirats- und Ausschusssitzungen angedacht?

Das ist problematisch. Wir müssen für die Sitzungen immer Räume mieten. Die Technik jedes Mal wieder herzustellen ist zu aufwendig. Dann lieber nur digital und so lange es geht in Präsenz. Wir merken, dass es gut ist, dass sich die Menschen wieder begegnen und austauschen. Hybride Sitzungen bleiben aber ein Thema für die Zukunft.

Warum ist Ihnen die Neustrukturierung der Abläufe im Ortsamt so wichtig?

Ich habe viele unterschiedliche Sachen vorher gemacht. Es war aber immer so: Den Werkzeugkoffer aufräumen, bevor man anfängt zu arbeiten. Es ist wichtig zu wissen, wo was liegt und dass alles funktioniert. Also schaffe ich erst einmal Grundbedingungen für gute Arbeit und schaue, was bereits vorhanden ist, wie etwas funktioniert und wie es besser laufen kann. Das war immer mein erster Schritt.

Das müssen die Mitarbeiter aber auch mitmachen.

Ich glaube, es ist wichtig, dass Mitarbeiter zufrieden sind und ein Vertrauen herzustellen. Sie sollen Freude an ihrer Arbeit haben. Um dieses Gefühl geht es. Das zu vermitteln ist mir wichtig. Es führt zu guten Ergebnissen und der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Das braucht ein gutes Team. Fehler dürfen auch passieren, dafür halte ich den Kopf hin.

Sie begleiten und beobachten im kommenden Jahr die Beiratswahlen. Sind Sie schon im Thema?

Im Moment beobachte ich noch und bin gespannt, wie sich der Wahlkampf auf die Beiratsarbeit auswirkt. Ich gehe aber davon aus, dass die Kommunalpolitik für den Stadtteil weiter im Fokus steht. Wahlkampf ist wichtig, die Parteien müssen sich positionieren. Aber die Arbeit für den Stadtteil darf darunter nicht leiden. Unsere Aufgabe als Ortsamt ist es, das immer wieder einzufordern.

Es gibt in den Stadtteilen auch sehr emotional besetzte Themen wie etwa den Lärm und die Erhöhung der Deiche. Wie behandeln Sie diese Themen?

Die Menschen wollen in ihrem Standpunkt bestärkt werden. Ich versuche zu signalisieren: Ich kann deinen Standpunkt verstehen, aber ich muss ihn nicht einnehmen und sehe auch die andere Seite. Nach Lösungswegen suchen, die alle Positionen einbeziehen, das ist die große Herausforderung. Meine Aufgabe als Ortsamtsleiter ist es auch aufzuzeigen, dass unterschiedliche Standpunkte gleichberechtigt sind. Eine Lösung liegt immer in der Mitte.

Welche Unterschiede konnten Sie zwischen den Stadtteilen schon ausmachen?

Die Neustadt ist streitbarer. In Woltmershausen haben die Menschen ihren Stadtteil eher konsensorientiert im Blick. Ein Beispiel ist der Hochwasserschutz. In Rablinghausen mussten viele Kleingärten für die Deicherhöhung geräumt werden. Die Bereitschaft, es zu akzeptieren, dass so massiv eingegriffen wird und Einzelinteressen zum Wohle aller zurückgestellt werden müssen, fand ich sehr beeindruckend. Das soll an der bereits erlebten Überschwemmung im Stadtteil liegen. In der Neustadt wird mit dem Thema ganz anders umgegangen.

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