Ohne Auszubildene wird sich der Fachkräftemangel noch verschärfen. Dann bleiben auf Dauer wichtige Posten, zum Beispiel im Kfz-Handwerk, unbesetzt. Symbolfoto: Konczak
Ausbildung

Mehr fördern als fordern

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Handwerkskammer kritisiert Ausbildungsplatzgarantie der Landesregierung

„Es sind nicht die Ausbildungsplätze die fehlen, sondern diejenigen, die eine Ausbildung machen wollen“, kritisiert Eckhard Stein, Präsident der Handwerkskammer Oldenburg, die im neuen Koalitionsvertrag der niedersächsischen Landesregierung angekündigte Ausbildungsplatzgarantie.

Das Problem sind nicht die fehlenden Ausbildungsplätze

„Die Ausbildungsplatzgarantie soll allen Jugendlichen einen Zugang zu einer qualifizierten Ausbildung ermöglichen“, erklärt Sven Jochims, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Delmenhorst/Oldenburg-Land. Diesen Zugang gebe es jedoch bereits, denn gerade das Handwerk stelle eine Vielzahl von unterschiedlichen qualifizierten Ausbildungsplätzen zur Verfügung. Das eigentliche Problem seien die fehlenden, geeigneten Bewerber.

„Die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist seit einigen Jahren rückläufig, viele Lehrstellen bleiben unbesetzt“, so Jochims. Hieran könne auch eine Ausbildungsplatzgarantie nichts ändern. Viel wichtiger wäre es, die berufliche Orientierung zu verbessern und die Anzahl der Schulabgänger ohne Abschluss zu vermindern.

Verpflichtende Praktika am Gymnasium?

Kammerpräsident Stein bedauert ebenfalls, dass die Politik der Berufsorientierung nicht mehr Raum gibt. Aus seiner Sicht sei es wichtig, den Schülerinnen und Schülern ab der 7. Klasse Hinweise zu geben, welche Möglichkeiten eine duale Berufsausbildung bereithalte. In den vergangenen Jahren habe der Fokus zu stark auf einer akademischen Bildung gelegen.

„Viele Eltern wollen, dass ihre Kinder anstelle einer dualen Ausbildung lieber ein Studium absolvieren“, sagt Jochims. Da jedoch nicht jeder Gymnasiast ein späteres Studium anstrebe beziehungsweise dazu befähigt sei, schlägt der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft vor, dass in den Gymnasien in der Mittelstufe Praktika verpflichtend zum Lehrplan gehören. „Bereits jetzt gibt es engagierte Lehrkräfte, die viel im Bereich der Berufsorientierung leisten“, sagt Jochims und fügt hinzu: „Allerdings erhalten die meisten Schüler die Empfehlungen für eine Berufswahl aus dem familiären Umfeld.“

Neue Schulform an der BBS1

Ebenfalls sehr prägend seien Freunde. „Bei uns melden sich teilweise Heranwachsende an, nur weil ihre Freundin oder ihr Freund das ebenfalls getan haben“, berichtet Hendrik Nordmann, stellvertretender Schulleiter an den Berufsbildenden Schulen I (BBSI) Handelslehranstalten in Delmenhorst. Dort startet zum Beginn des nächsten Schuljahres die einjährige Berufsfachschule dual B und F, wobei das B für berufliche Ausbildung und das F für Fachoberschule steht. „Ziel der neuen Schulform ist es, dass die Schülerinnen und Schüler eine breit angelegte berufliche Grundbildung erwerben und zielgerichtet auf eine zukünftige Berufswahl vorbereitet werden“, erklärt die Schulleiterin an der BBS I, Katja Mönnig. Die jungen Menschen können in die Bereiche Gesundheitswesen, Wirtschaft und Lagerlogistik hinein schnuppern (wir berichteten bereits ausführlich).

Das Image einer dualen Ausbildung müsse deutlich gestärkt werden. „Sie bietet viele Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten“, betont Jochims. Von der Poliik wünsche man sich mehr Unterstützung. „Die Umsetzung der Energiewende ist nur mit dem Handwerk möglich“, so Stein.

 

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