Hier flattert ein Wiesenpieper, dort sitzt ein Schwarzkehlchen in der Sonne, und balzende Brachvögel sind auch noch unterwegs. Dr. Klaus Handkes Adleraugen entgeht nichts. Immer wieder entdeckt er gefiederte Gäste rechts und links des Weges, fokussiert sie mit dem Fernglas und stellt das Spektiv für die scharfe Beobachtung auf.
Eine lehrreiche Wanderung
Es geht auf Exkursion durch das Landschaftsschutzgebiet Hohenbökener Moor mit dem Diplom-Landschaftsökologen, und über 40 Teilnehmer machen sich an diesem Tag in den frühen Abendstunden auf den Weg. Vor dem Hintergrund der Windparkpläne können sich interessierte Bürger noch bis Juni bei fachkundlichen Führungen mit Handke und seiner Frau Pia, ebenfalls Diplom-Landschaftsökologin, ein Bild von dem Gebiet und seiner artenreichen Vogelwelt machen.
Dem rund 309 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet nördlich von Bookholzberg wurde sein Status vor allem auch wegen seiner ornithologischen Bedeutung verliehen. Laut Verordnung ist das Moor als Vogelbrutgebiet im nördlichen Teil von landesweiter, im südlichen Teil von regionaler Bedeutung. Schutzzweck sei zum einen, den Bereich als Lebensraum für Wiesenvögel zu erhalten und zu entwickeln, zum anderen den Charakter mit seiner Offenheit, Unverbautheit und relativ extensiven Grünlandnutzung zu erhalten.
Vogelbrutgebiet von regionaler und landesweiter Bedeutung
Handke, unter dessen Leitung die Vogelwelt im Hohenbökener Moor 2012 zuletzt kartiert wurde, macht in diesem Jahr erneut Inventur. 48 Arten hat er allein an diesem Tag morgens schon gezählt. Insgesamt sind über 160 Vogelarten, darunter auch viele in ihrem Bestand bedrohte, in dem Gebiet unterwegs und machen es zu einem Brutplatz von unschätzbarem Wert. „Das Hohenbökener Moor ist die wertvollste Freifläche in der Gemeinde“, weiß Handke. Neben den genannten Wiesenpiepern, Schwarzkehlchen und Brachvögeln lieben unter anderem Kiebitze, Uferschnepfen, Blaukehlchen, Feldlerchen, Weißstörche, Graugänse und Bekassinen die alten Nutzungsstrukturen. „Über die letzten 30 Jahre wurde das Gebiet gut erhalten“, so der Experte, der die Vielfalt der Landschaft hervorhebt. Wiesenbrüter brauchen die lückige Vegetation, die sie hier vorfinden, ebenso wie die vielen Flachwasserstellen. Es gibt abwechslungsreiche Randstrukturen, Grenzgräben, Flatterbinsen und Röhrichte (Pflanzengesellschaften im Flachwasser- und Uferrandbereich).
Gute Gründe gegen den Windpark
Der stark gefährdete Wiesenpieper wurde laut Handke schon weitgehend aus der Gemeinde vertrieben und ist lediglich im Hohenbökener Moor mit zehn bis 15 Paaren anzutreffen. Auch der Brachvogel ist seit 2012 regelmäßig nur hier zu sehen. Für Weißstörche ist das Gebiet ihr wichtigster Nahrungsplatz. „Diese Vegetationsstruktur mit unterschiedlichen Zeitpunkten für die Mahd macht den Reiz für die Vögel aus“, weiß der Landschaftsökologe, der schon rund 350 Windparkplanungen mit Gutachten begleitet hat. Und der bei den Plänen für das Hohenbökener Moor nur mit dem Kopf schütteln kann.
Er kann nicht verstehen, warum das Augenmerk ausgerechnet auf dieser Fläche liegt und nicht Ackerflächen als Alternative in Betracht gezogen werden. Den wertvollen Charakter des Moorgebietes, in dem die Gemeinde auch Ausgleichsflächen besitzt, sieht er in Gefahr. Zufahrtswege würden nicht nur die Struktur umwandeln, sondern auch buchstäblich den Weg ebnen für tierische Räuber. „Das wäre wie eine Autobahn für Marder und Füchse“, so Handke. Es ginge ans Wege- und Wassersystem des Moors, das Landschaftsschutzgebiet würde sich verändern.
Doch er ist aus seiner naturschutzfachlichen Sicht heraus optimistisch, dass die Pläne des Unternehmens wpd nach rechtlicher Prüfung durchkreuzt werden. Die regionale und landesweite Bedeutung der Vogelarten im Hohenbökener Moor könne kein Gericht bei einer Klage ignorieren und solle schon die untere Naturschutzbehörde des Landkreises nach alternativen Standorten für Windkraftanlagen suchen lassen – damit Brachvogel, Wiesenpieper und Co. ihr wertvolles Refugium in der Gemeinde behalten.