Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger (v.l.), Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht, Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke und Mitglied der Vollversammlung der Handwerkskammer, Hans Jörg Kossmann, stellten die Klage gegen die Ausbildungsabgabe vor. Foto: Schlie Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger (v.l.), Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht, Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke und Mitglied der Vollversammlung der Handwerkskammer, Hans Jörg Kossmann, stellten die Klage gegen die Ausbildungsabgabe vor. Foto: Schlie
Ausbildung

Bremer Kammern klagen gegen Ausbildungsabgabe

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Nicht die Zahl der Ausbildungsplätze sei das Problem, sondern die der geeigneten Bewerber.

Gemeinsam mit vier weiteren Kammern reichte die Handelskammer Bremen am Mittwoch um 10.35 Klage gegen den vom Senat im März beschlossenen Ausbildungsunterstützungsfonds ein. Diesen Schritt hatten die Kammern bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes angekündigt. Ein von ihnen beauftragtes Gutachten des Verfassungsrechtlers Christian Waldhoff hatte ihre Position bestätigt.

„Das Gesetz geht in die falsche Richtung“ sagte Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht einleitend im Rahmen einer Pressekonferenz. Die Bremer Unternehmen bilden laut Dubbers-Albrecht nicht zu wenig aus – sie können viel mehr die zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze nicht besetzen, weil sie keine jungen Leute für die Stellen finden.

So liege der Anteil der Auszubildenden bezogen auf die Beschäftigten im Land Bremen bei 4,9 Prozent. In Hamburg zum Vergleich bei 4,0 Prozent; Im Bundesdurchschnitt mache der Anteil der Auszubildenden 4,8 Prozent aus.

Gegenwehr von fünf Kammern

Den Antrag auf Normenkontrolle beim Staatsgerichtshof Bremen reichte am Mittwochmorgen (12. Juli) die Notarin Claudia Nottbusch von der Kanzlei Ahlers und Vogel nicht nur für die Handelskammer Bremen, sondern auch für die Handwerkskammer Bremen, die Hanseatische Rechtsanwaltskammer, die Apothekerkammer Bremen sowie die Zahnärztekammer Bremen ein. „Selten gab es so eine Gegenwehr gegen ein Gesetz“ kommentierte Dubbers-Albrecht.

Als Begründung für ihre Klage nennen die Kammern schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausbildungsfonds. „In der über 500-jährigen Geschichte der Handelskammer ist solche eine Klage ein Novum“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen, Matthias Fonger, und meint damit auch die Bedeutung des Zusammenschlusses der fünf Kammern in der Sache.

Keine Gesetzgebungskompetenz

Konkret nennt Fonger fünf juristische Aspekte des Normenkontrollantrags: „Nach Einschätzung der Juristen werden unterschiedliche verfassungsrechtliche Anforderungen mit der Erhebung der Ausbildungsumlage verletzt. Dazu gehören verfassungsrechtliche Probleme der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes Bremen und der mangelnden Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen Maßnahme.“

Das Land Bremen könne sich in dieser Sache nicht auf eine bestehende Gesetzgebungskompetenz berufen, da die Gesetzgebung von Bund und Ländern hier konkurrierten und mit der Ausbildungsgarantie des Bundes eine Sperrwirkung eingetreten sei. Auch sei die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben.

Foto: Schlie

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Weiterhin sei auch das Gleichbehandlungsgebot verletzt. Kirchen etwa seien von der Abgabe ausgenommen und die Erhebung einer Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion könne nur unter bestimmten – sehr engen – Voraussetzungen erfolgen, die das kurz vor den Bürgerschaftswahlen verabschiedete Gesetz nicht erfülle, so  Fonger weiter.

„Eine der Voraussetzungen ist die gruppennützige Verwendung, die nicht gewährleistet ist. Diese ist notwendig, um eine Verknüpfung zwischen den Belastungen und den Begünstigungen herzustellen und dadurch die zusätzliche Belastung der betroffenen Unternehmen über bestehende Steuern hinaus zu rechtfertigen.“

Zuletzt sei aber auch das Bestimmtheitsgebot verletzt. Die Maßnahmen, welche mithilfe der Abgabe ergriffen werden sollen, seien unbestimmt.

Kammern erwarten Nichtigkeit des Gesetzes

Das Ziel der Kammern lautet laut Fonger klar, das Gesetz für nichtig zu erklären. Man rechne mit etwa einem Jahr, bis ein Ergebnis vorliege.

Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke sagte, man werde selbstverständlich jedes Ergebnis akzeptieren. Er wies aber auch darauf hin, dass zunächst mal die entsprechenden Stellen in der Verwaltung geschaffen werden müssten, um das Gesetz überhaupt umsetzen zu können.

Insbesondere im Handwerk beobachtet Kurzke auf Arbeitgeberseite auch die Problematik der Bremer Insellage: „Bremen liegt mitten in Niedersachsen. Für Handwerker ist es einfach, sich im Umland anzusiedeln. Bremer Unternehmen sind damit benachteiligt. Ein solches Gesetz kann wenn überhaupt nur als Bundeslösung funktionieren.“

Kurzke nannte zudem ein Beispiel: Sein Betrieb – ein Malerfachbetrieb in dritter Generation – konnte drei Wochen vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch keinen einzigen Ausbildungsvertrag unterzeichnen. „Ich würde gerne drei Auszubildende einstellen und wir haben viel Kraft in die Suche gesteckt. Es fehlt nicht das Geld für die Ausbildung, es fehlen die Menschen“, bestätigt auch Kurzke.

Das Handwerk sowie die anderen Kammern in Bremen böten der Politik alles an, um das Thema anzugehen, das Gesetz sei aber das falsche Instrument zur falschen Zeit, so Kurzke weiter.

Zunächst das Schulsystem reformieren

Hans Jörg Kossmann, Mitglied der Vollversammlung der Handwerkskammer Bremen, betonte, das eigentliche Problem liege viel mehr an der Schulbildung der jungen Menschen. „Wir müssen das Problem an der Wurzel packen und die Ursachen dafür bekämpfen, dass junge Leute nicht die Anforderungen für eine Ausbildung erfüllen können“, so Kossmann. Es gebe nicht zu wenig Ausbildungsplätze. Auf 2.770 unbesetzte Ausbildungsstellen in Bremen kamen im Juni 1.720 Bewerber ohne Platz, rechnete Dubbers-Albrecht vor.

„Die Unternehmen verantworten den betrieblichen Teil der dualen Ausbildung. Der Fachkräftemangel wird aber durch eine Vielzahl von Faktoren hervorgerufen, wie zum Beispiel den demographischen Wandel oder die Qualität der schulischen Bildung. Für diese Bereiche können die Unternehmen nicht in die Finanzierungsverantwortung genommen werden“, sagte auch Fonger.

 

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