Ein Wanderrucksack sollte richtig eingestellt sein, die schweren Sachen in der Mitte am Rücken liegen. Foto: Konczak
Wander-Serie Teil 3

Für den Körper und den Geist

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Wandern als sportliche Ausdaueraktivität fördert die Gesundheit. Eine Fachärztin gibt Tipps.

Delme Report: Frau Dr. Rucktäschel, welche Verletzungen können beim Wandern drohen?

Dr. Anne Rucktäschel: Durch Umknicken kann ich das Fuß- und Sprunggelenk verletzen. Es kann zu Verstauchungen und Prellungen, einem Riss der Achillessehne, schlimmstenfalls zu Brüchen kommen. Im Sommer kann man sich auch schnell einen Sonnenbrand holen. Nicht außer Acht zu lassen sind zudem Blasen und Hautverletzungen durch Schuhe, die nicht gut sitzen. Des Weiteren können Erschöpfungsprobleme auftreten und eine Dehydrierung, wenn man nicht genügend trinkt. Außerdem besteht, je nach Region, das Risiko von Zeckenbissen und einer Übertragung von FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis).

Was sollte ich tun, wenn mich doch einmal verletze und umknicke?
Bei Verletzungen/Umknicken sollte man die PECH-Regel anwenden: Pause, Eis, Compression, Hochlagern. Ist man weiter weg und muss zwingend noch nach Hause laufen, kann es sinnvoll sein, den Schuh nicht auszuziehen, da man durch das Anschwellen des Fußes möglicherweise nicht mehr in den Schuh hineinkommt. Bei einer Verletzung ist es allerdings sinnvoll zu kühlen, dafür den Schuh auszuziehen und dann auch eventuell nicht mehr zu belasten. Das hängt von der Verletzungsschwere ab.

Wie kann ich als Wanderneuling meinen Körper am besten vorbereiten, um Verletzungen und Muskelkater zu vermeiden? Und kann man noch in jedem Alter mit dem Wandern anfangen?

Ja, mit dem Wandern kann man auch im höheren Alter noch beginnen. Das hängt von der Strecke und dem Untergrund ab. Je unsicherer ich bin, desto fester sollte der Weg sein. Dann kann man theoretisch auch mit dem Rollator wandern gehen. Ein besonderes Training halte ich nicht für nötig, zumindest, wenn man im Flachland unterwegs ist. Vor einer Bergtour kann es jedoch sinnvoll sein. Eine gute Bein- und Fußmuskulatur lässt sich trainieren. Allgemein rate ich dazu, langsam anzufangen mit einer mittellangen Strecke von fünf bis zehn Kilometern. Dann sollte man sich einen Weg suchen, den man – wenn es nötig wird – abbrechen und von wo aus man vielleicht mit dem Bus zurückfahren kann. Auf jeden Fall ist Wandern ein guter Anfang, um in Bewegung zu kommen.

Welche Muskeln und Körperpartien werden auf Wanderschaft beansprucht?

Neben der Oberschenkelmuskulatur ist das die Muskulatur der Waden, des Beckens und des Rückens. Benutzt man Wanderstöcke, werden außerdem noch die Schultern und die Nackenpartie trainiert. Ob man Stöcke verwendet, würde ich vom Weg abhängig machen. Sinnvoll sind sie, wenn der Weg uneben ist oder es bergab geht. Beim Bergabgehen unterstützen sie die Knie- und Sprunggelenke, die sonst durch das permanente Bremsen sehr beansprucht werden. Aber auch beim Bergaufgehen und auf unebenen Wegen können Wanderstöcke beim Abstützen helfen.

Als A und O beim Wandern gilt gutes Schuhwerk. Was sollte ich dabei beachten?

Der Schuh muss ausreichend groß sein, damit auch der Vorfuß genügend Platz hat, aber man darf nicht darin rutschen. Man braucht einen guten Halt, und die Sohle sollte rutschfest sein. Dann ist eine gute Schnürung wichtig, die dafür sorgt, dass der Schuh am Mittelfuß gut sitzt. Da die Füße im Laufe des Tages anschwellen, sollten die Schuhe erst gegen Abend anprobiert werden. Eine Beratung im Fachgeschäft ist auf jeden Fall zu empfehlen. Meist kann man dort die Schuhe auch auf verschiedenen Untergründen testen. Wer auf steinigen Wegen oder in den Bergen unterwegs ist, sollte knöchelhohe Schuhe tragen. Sie können nicht nur ein Umknicken, sondern auch ein Anschlagen des Knöchels an Stein verhindern. Im Flachland hingegen reicht ein Halbschuh aus. Neben den Schuhen sind zudem spezielle Wandersocken wichtig, die den Schweiß abtragen und das Bilden von Blasen vermeiden können.

Wie kann ich meinen Rucksack möglichst rückenschonend packen und welche Utensilien für die Gesundheit sollte ich dabei haben?

Ein großer Wanderrucksack muss richtig eingestellt sein, das lässt man am besten in einem Fachgeschäft machen. Mit einem gut sitzenden Beckengurt trägt man einen Großteil des Gewichts mit den Hüften. Zudem sollte der Rucksack nicht eng am Rücken anliegen, damit man nicht so schwitzt. Beim Packen sollten die schweren Sachen in der Mitte nah am Rücken liegen. Ganz nach unten kommen große, leichte Dinge wie eine Jacke. Den Rest verteilt man ausgeglichen links und rechts. Wichtig ist dabei auch, dass man obendrauf keine schweren Sachen wie Wasserflaschen packt. Kleinere Tagesrucksäcke kann man hingegen füllen, wie man möchte. Allerdings sollte auch hier nichts Schweres oben platziert werden. Bei den Utensilien kommt es darauf an, wo und wie lange ich laufe. Ein Erste-Hilfe-Set mit Verbandsmaterial, Desinfektionsmittel und Blasenpflaster ist bei einer längeren Strecke zu empfehlen. Dann sollten noch Sonnencreme, Mückenabwehrmittel und auch eine Zeckenzange dabei sein. Wenn man sich eine Zecke einfängt, sollte sie sofort entfernt werden. Und natürlich ausreichend zu trinken und auch etwas zu essen wie Nüsse oder Trockenobst.

Welche Auswirkungen hat Wandern allgemein auf die Gesundheit?

Wandern in der Natur hat einen sehr positiven Einfluss auf die Fitness, die Ausdauer, auf das Herz-Kreislauf-System, aber auch auf die Psyche, beispielsweise bei Depressionen. Hinzu kommt die soziale Komponente, die Begegnung mit anderen Menschen. Eine regelmäßige moderate Bewegung ist sehr wichtig, gerade auch bei Übergewicht. Wandern ist eine gute gelenkschonende sportliche Ausdauerbetätigung. Nur bei Schmerzen sollte man eventuell aufhören, oft reichen aber schon Pausen. Auf mehrtägigen Wanderungen kann man auch einen Pausentag einlegen. Fühlt man sich am nächsten Tag wieder gut, ist alles in Ordnung.

Was ist wichtig für eine gute Regeneration?

Wenn die Wanderung sehr belastend war, kann man moderate Dehnübungen machen. Dann sollte man den Rucksack lockern und die Muskeln durchbewegen oder auch sanft massieren, etwa mit einer Faszienrolle oder einem Tennisball. Druckstellen an den Füßen sollte man nach dem Waschen eincremen, damit keine Blasen entstehen oder die Hornhaut reißt. Und dann heißt es wieder: ausreichend trinken und Elektrolyte wieder auffüllen. Dafür kann man sich gern auch ein alkoholfreies Weißbier gönnen.

 

Dr. Anne Rucktäschel ist Oberärztin an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie beim Delme Klinikum Delmenhorst (DKD). Sie ist Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, zertifizierte Fußchirurgin sowie Chirotherapeutin. Foto: DKD Delmenhorst

 

Bisherige Serienteile:

Teil 1: Interview mit Oliver Knagge vom Zweckverband Naturpark Wildeshauser Geest

Teil 2: Der Naturpark Wildeshauser Geest und seine 20 Rundwanderwege

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