Videosprechstunden werden auch von Bremer Praxen angeboten. Foto: Pixabay Videosprechstunden werden auch von Bremer Praxen angeboten. Foto: Pixabay
Neue Modelle

Arztpraxen: Entlastung durch Digitalisierung?

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Welche modernen Methoden Bremer Arztpraxen schon nutzen und wo die technische Umsetzung noch holprig läuft

„Wir haben die Videosprechstunde während der Pandemie viel genutzt, jetzt eher weniger“, sagt Kinder- und Jugendarzt Stefan Trapp. Trotzdem sei diese Möglichkeit insbesondere für Haus- und Fachärzte spannend.

Trapp und seine Kollegen und Kolleginnen in der Kinder- und Jugendmedizinischen Praxis in Huchting bieten die Sprechstunde weiterhin an, eine Zeitersparnis gibt es allerdings nicht.

„Wir müssen dafür genauso einen Termin verabreden. Wichtig ist, dass die Familien sich dann aber auch an den Termin halten“, sagt Trapp.

Praxis-App für Kinderärzte

Eine Entlastung bringen dagegen die Online-Terminbuchungen. „Wir bieten für planbare Vorsorge- und Impftermine diese Möglichkeit an“, erklärt Trapp.

Dafür nutzt die Praxis eine zertifizierte App, die in Deutschland bereits von vielen Kinderärzten genutzt wird. Darüber sind auch die Videotermine möglich. „Eltern werden auch an Termine erinnert. Das ist praktisch für Familien mit mehreren Kindern“, sagt Trapp.

Auch die Kommunikation per Mail erleichtere dem Praxispersonal die Arbeit. „Zeit am Telefon einzusparen entlastet uns sehr“, sagt Trapp. Wenn seine Mitarbeiterinnen ab dem frühen Morgen Anrufe entgegen nehmen, bleibt keine Zeit mehr für den Empfang oder die Vorbereitung von Untersuchungen – und das führt zu weiteren Wartezeiten.

„Die Mails können wir zwischendurch bearbeiten und uns zurück melden, wenn die Zeit es zulässt“, sagt Trapp.

Transkribierte Anrufe per Mail

Auch in der hausärztlichen Praxis von Matthias Juricke in Habenhausen wird vermehrt auf Online-Kommunikation gesetzt. Dort werden sogar die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter transkribiert und per Mail an die Mitarbeitenden versendet.

„Unsere medizinischen Fachangestellten können so eine Triage vornehmen und die Anliegen der Patienten besser bearbeiten“, erklärt Matthias Juricke.

Hausbesuch per Video

Videosprechstunden gehören in seiner Praxis bereits zum normalen Alltag. Patienten vereinbaren den Termin online, betreten dann kurz vorher ein virtuelles Wartezimmer über PC, Handy oder Tablet und werden aufgerufen und eingelassen, wenn sie an der Reihe sind.

Die Praxis in Habenhausen nutzt die Technik aber auch für Hausbesuche. So besuchen die medizinischen Fachangestellten (MFAs) Patienten mit akuten Beschwerden, die nicht selbst zur Praxis kommen können, zu Hause.

Sie nehmen alle Werte und übermitteln diese an die Praxis, treten dann per Tablet mit dem Mediziner oder der Medizinerin in Kontakt. Diese können dann wiederum entscheiden, ob etwa eine Einweisung in ein Krankenhaus notwendig ist oder ob beispielsweise bestimmte Medikamente Linderung verschaffen können.

IT-Mitarbeiter in der Praxis

Juricke beschäftigt inzwischen einen Mitarbeiter, der sich ausschließlich um die IT in der Praxis kümmert. Dieser hat kürzlich ein auf die Praxis zugeschnittenes Anamnese-Programm entwickelt, welches für weitere zeitliche Entlastungen sorgt.

Patientinnen und Patienten können so vor Erstterminen oder Untersuchungen bereits zu Hause oder vor Ort auf dem Handy Fragen zum Gesundheitszustand beantworten. „Der Bogen wird ihnen datenschutzkonform zugeschickt.

Wir müssen im Anschluss nichts mehr einscannen und digital ablegen und sparen damit wiederum Zeit, die den Patientinnen und Patienten zugute kommt“, erklärt Juricke. Der geringere Zeitaufwand sorge dafür, dass sich dieses Modell rechne, so der Mediziner.

Verpflichtende Leistungen noch holprig

Auch die verpflichtenden digitalen Leistungen, wie etwa das E-Rezept oder die elektronische Krankschreibung entlasten laut Juricke. „Wenn sie funktionieren“, mahnt Kinder- und Jugendarzt Trapp.

Denn oftmals würden die per Gesetz verpflichtend eingeführten Maßnahmen im Gegensatz zu den freiwilligen Angeboten in der Praxis nur holprig laufen. Die E-Rezepte etwa nähmen deutlich mehr Zeit in Anspruch als ausgedruckte, erklärt Trapp. „Eigentlich sind es gute Lösungen, aber die Umsetzung verursacht Kosten und Ärger“, sagt Trapp.

Er wünscht sich, dass solche Maßnahmen zunächst ausgiebig getestet würden, bevor sie den Praxen aufgezwungen werden.
Oftmals stünde zudem der deutsche Datenschutz einfachen Lösungen im Wege, sagt Trapp mit Blick auf andere europäische Länder.

Ein Beispiel sei die elektronische Pa­tien­ten­­akte. In Deutschland dürften Patienten Änderungen daran vornehmen, die für den Arzt nicht sichtbar sind. „Die Akte ist damit völlig sinnlos und so etwas führt dazu, dass sie am Ende nicht genutzt wird“, mahnt Trapp.

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