Für Tauben und andere Vögel gefährlich: Netze, in denen sich die Tiere verheddern und strangulieren. Diese Art der Vergrämung ist tierschutzwidrig. Foto: Dörnath
Tieren helfen

Mitgeschöpf Taube

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Stadttauben sind auf menschliche Hilfe angewiesen. Die einstigen Felsenbrüter haben viele Probleme.

Stadttauben sind verwilderte oder ausgesetzte Haustiere. Da viele Reisetauben aus dem Brieftaubensport nicht zurück in ihren Schlag finden, siedeln sie sich in der Regel in Taubengruppen in Städten an, nutzen als Felsenbrüter Gebäude als Brutmöglichkeit und vermehren sich hier. In Städten finden die Nachfahren der wild lebenden Felsentaube kein adäquates Futter. Die schwierige Lebenssituation der auch Straßentauben genannten Vögel ist also ein menschengemachtes Problem.

Das Logo der WR-Serie "Tieren helfen"

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Fehlernährung: Stadttauben haben ständig Hunger

„Tauben werden zu Unrecht getreten und gehasst sowie verscheucht, verachtet und vernichtet“, berichtet die Tierschutz- und Wildtier-Expertin Dr. K. Alexandra Dörnath, die die Tierarztpraxis Klein Mexiko und das Exoten-Kompetenz-Centrum in Bremen leitet. „Eigentlich besteht artgemäßes Futter für Stadttauben aus Körnern und Sämereien, vereinzelt auch aus Schnecken, Insekten und Würmern. Insbesondere Körner und Sämereien sind in Städten nicht ausreichend vorhanden“, betont Dörnath. Stadttauben hätten ständig Hunger und seien daher gezwungen, diesen durch menschliche Essensreste und Müll sowie durch Hundekot und Erbrochenes zu stillen. „Durch diese Fehl- und Mangelernährung leiden Tauben an Untergewicht und Mangelerscheinungen“, betont die erfahrene Veterinärin.

Auf vielen Plätzen sammelt sich die gesellige Stadttaube, die ein verwildertes Haustier ist. Ihre Lebenssituation ist schwierig: Viele sind mangel- und fehlernährt. Foto: Manfred Richter auf Pixabay

Stadttauben verheddern sich leicht in Schnüren und Fäden

Aber nicht nur Fehl- und Mangelernährung beeinträchtigen die Gesundheit dieser ganz besonderen Vögel, wenn sie verwildert in städtischer Umgebung leben. Ein regelmäßiges Problem, das bei Stadttauben, deren Fähigkeiten und Verhaltensweisen denen von Säugetieren ähneln, auftritt, ist das Abschnüren ihrer Füße durch Fäden, Bänder und auch menschliche Haare. „Die Füße dieser Tiere sterben dann unter starken Schmerzen ab. Entweder verenden betroffene Vögel an einer Sepsis oder leben mit Verstümmelungen weiter“, betont Dörnath.

Viele Tauben verletzen sich an Spikes und verenden in Netzen

„Tierschutzrelevant sind verschiedene Vergrämungsmethoden wie etwa Spikes auf Dächern und Fensterbänken sowie an Fassaden und Dächern angebrachte Netze“, so Dörnath. Wenn sie diese sehe, dann informiere sie immer sofort die zuständige Veterinärbehörde, die sich dann kümmere. In Bremen ist dies das LMTVet. An solchen Spikes könnten sich vor allem unerfahrene Jungtauben schnell verletzen und in den Sicherungsnetzen verendeten Tauben regelmäßig, nachdem sie sich dort verheddert hätten, schildert Dörnath.

Taubenschläge mit Nahrung und frischem Wasser

Tierschutz-Expertin Dörnath unterstützt die Einrichtung betreuter artgemäßer Taubenschläge. Dort nämlich werden den Tieren taubentypische Nahrung sowie sauberes Wasser und Brutmöglichkeiten angeboten. Durch den Austausch von Eiern mit Kunsteiern kann dort zudem die Population kontrolliert werden.

Die Expertin
Dr. Alexandra Dörnath aus der Tierarztpraxis Klein Mexiko Foto: Bollmann

Geschwächten Stadttauben kann geholfen werden

Was ist mit einer geschwächten oder verletzten Taube zu tun? „Eine Taube, die nicht mehr flieht, ist meist schwer krank,“ so Dörnath. Bevor man sich an das nächst gelegene Tierheim wende, müsse das betreffende Tier gesichert werden. „Tauben sind nicht gefährlich. Sie tun dem Menschen nichts“, betont die Tierärztin. Entweder lege man Jacke oder Handtuch über das Tier, greife dies und setze es in einen Karton, der an den vier Seitenflächen mit Luftlöchern präpariert ist. Diese sollten nicht in den Deckel gemacht werden, so Dörnath, sonst starre der Vogel ständig nach oben, denn von dort komme ja dann das Licht. Sei die Taube verletzt oder nicht gut auf den Beinen, möge ein Handtuch zu einer Rolle geformt werden und der Taube im Karton wie ein stabiles Nest dienen. „Als Erste-Hilfe können dem Vogel Wasser und Körner in dem Karton angeboten werden“, erläutert die Tierärztin weiter. Oder eine Stofftasche ginge auch für den Transport. Dann würde das Tier wie in einer Hängematte transportiert.

Die Stadttauben sind dringend auf menschliche Hilfe angewiesen

In Bremen gibt es den Verein „Stadttauben Bremen“. Dieser betont, dass es eine Mär sei, dass Fassaden durch Ausscheidungen von Tauben zerstört würden. Es gebe viele Vorurteile gegenüber diesen bemerkenswerten Vögeln. Er setzt sich ein für Aufklärung über Tauben sowie für betreute Taubenschläge und möchte diesen Vögeln ein an ihre Bedürfnisse angepasstes Leben ermöglichen. „Schließlich handelt es sich bei der Stadttaube um ein Mitgeschöpf, das dringend auf menschliche Hilfe angewiesen ist“, fasst Dörnath die Situation zusammen.
■ Falls Ihnen ein Thema rund um einheimische Tiere oder Exoten unter den Nägeln brennt, schreiben Sie uns an martin.bollmann@weserreport.de eine Mail. mb

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