Sabotage an Gas- und Stromleitungen. Öl in Wassertanks von Schiffen. Flüge von Drohnen über Kraftwerken und militärischem Gelände. Beobachtung von Kleinkriminellen in Skandinavien, die vermutlich im Auftrag Russlands Infrastrukturen zerstören: Als Teil der hybriden Kriegsführung Moskaus deuten Politiker und Medien in Europa sich häufende Vorfälle.
Wie es um Bremen steht, weiß das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV). Wie viele Fälle vermeintlicher oder nachgewiesener russischer Sabotageakte es in der Stadt gab und gibt, sagt eine Behördensprecherin jedoch nicht: „Das LfV Bremen erteilt grundsätzlich keine Auskunft über konkrete Zahlen oder Einzelsachverhalte, da diese als Verschlusssache eingestuft sind und somit der Geheimhaltung unterliegen.“
Bedrohungslage durch russische Nachrichtendienste signifikant erhöht
Wie hoch die Gefahr ist, ordnet ihr Amtsleiter Thorge Koehler ein: „Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat sich die Bedrohungslage durch russische Nachrichtendienste insgesamt signifikant erhöht.“ Auch in Bremen sei das so, angesichts der logistischen Bedeutung der Häfen für Militärlieferungen sowie der örtlichen Rüstungskonzerne.
Wenn Straßenlaternen aus sind, Verteilerkästen brennen, Zäune um Wasserwerke beschädigt sind oder ein Schiff Altöl im Wassertank enthält, fragen Bürger in sozialen Medien schon mal, ob das Anschläge waren und nicht Vandalismus ist. „Grundsätzlich erfordern die exemplarisch dargestellten Sachverhalte jeweils eine Einzelfallprüfung, um Aussagen über die Hintergründe und Urheberschaft der Taten zu treffen“, so Koehler und glaubt: „Es ist daher nicht von vornherein auszuschließen, dass es sich bei entsprechenden Taten um Sabotage handelt.“
Insbesondere Spionage- und Sabotageaktivitäten, sowohl in der realen Welt als auch im „cybergestützten“ Raum, hätten zugenommen. „Die Vorfälle in diesem Bereich haben sich seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs auch im Land Bremen vervielfacht. Eine Trendumkehr ist perspektivisch nicht zu erwarten“, bestätigt Koehler.
Rekrutierung erfolge häufig über soziale Medien
Seit Anfang 2023 seien verschiedene Vorfälle in Europa öffentlich bekannt geworden, in denen von russischen Stellen Sabotageakte beauftragt und teilweise auch durchgeführt wurden. Bei diesen Vorfällen lasse sich der Einsatz russischen Nachrichtendienste, namentlich der Einsatz sogenannter Low-Level-Agenten, erkennen.
Koehler dazu: „Der Einsatz sogenannter Low-Level-Agents kann auch im Land Bremen Anwendung finden. Besonders ist dabei, dass die eingesetzten Personen formell weder den russischen Nachrichtendiensten angehören, noch eine nachrichtendienstliche Vorausbildung aufweisen können.“ Es handele sich vielmehr um Personen, die oftmals eine kleinkriminelle Vergangenheit aufweisen und ein Interesse daran hätten, durch die Ausübung einfacher Tätigkeiten schnell Geld zu verdienen.
Der Jurist Koehler dazu: „Ideologische Gründe sind dabei nachrangig und es ist den Betroffenen nicht zwangsläufig bewusst, dass sie im Auftrag russischer staatlicher Stellen tätig werden.“ Die Rekrutierung erfolge häufig über soziale Medien und Messenger-Dienste.
Ideologisch auf Seite der russischen Regierung
Russische Nachrichtendienste hätten nach Ansicht des Beobachters eine Menge Mittel, um die eigenen Ziele und Interessen zu erreichen. „Dazu gehören auch Cyberangriffe, die sich sowohl gegen Regierungseinrichtungen und Behörden als auch gegen Wirtschaftsunternehmen, Privatpersonen und sonstige Stellen richten können“, weiß der Leiter, der dem Innensenator unterstellt ist.
„Darüber hinaus sorgten pro-russische, sogenannte Hacktivisten für Aufsehen“, betont Koehler. Bei diesen Gruppierungen handele es sich um Hacker, die ideologisch auf Seite der russischen Regierung zu verorten seien. So habe sich die pro-russische Hacktivistengruppe NoName057(16) zu Angriffen auf die Bremer Straßenbahn AG und die Polizei Bremen sowie Behörden und Unternehmen bekannt.
Beobachtungen und Gefahren melden
Bei möglichen Beobachtungen, Gefahren- und Notsituationen solle man sich an die Polizeibehörden im Land Bremen und den Verfassungsschutz wenden.