Was es mit den komischen Stangen auf sich hat, die unter anderem in der Hemelinger und Mahndorfer Marsch auf dem Deich stehen, wird Josef Teupe öfter von Spaziergängern und Ausflüglern auf dem Weserradweg gefragt.
Dabei ist die Lösung ganz einfach: Da es entlang des Deiches kaum Baumbestand gibt, dienen die sogenannten Julen als Ansitzhilfen für Greifvögel. Viele Deichverbände stellen diese Julen auf, um auf natürlichem Weg die Nagerpopulation klein zu halten. Das wirkt: „Wir bemerken schon, dass die allerhand wegfangen“, sagt Rolf Dülge vom Deichverband am rechten Weserufer.
Julen sind Ansitzhilfen für Greifvögel
In den vergangenen Jahren wurden schon an einigen Stellen, wie in Hemelingen, Seehausen, im Werderland oder Farge/Rekum Julen aufgestellt. Eine etwa 1,60 Meter hohe Stange mit einem kurzen aufgesetzten Querstab. Und die Startrampen werden von den Greifvögeln sehr gut angenommen, wie man an den Kotspuren und Gewöllen unschwer erkennen könne, erklärt der Forstwissenschaftler Teupe der Bürgerschaftsabgeordneten Meltem Sagiroglu bei einem Termin am Deich.
Der Parlamentarierin, die durch ihre Arbeit im Petitionsausschuss die Marsch besser kennengelernt hat, war auch auf die Stangen aufmerksam geworden und erfuhr von Teupe nun, dass es sich um Jagdhilfen handele.

Waldohreulen gehen gerne vom Baumansitz auf Mäusejagd. Sind keine Bäume da, nutzen sie auch die Ansitzstangen. Foto: Bollmann
Waldkauz und Waldohreule sind nachtaktive Jäger
Während Falken, Milane oder Weihen lieber im Flug nach Beute Ausschau halten, nehmen Mäusebussarde und andere Greifvögel gerne auf den Ansitzstangen Platz, beobachten das Gras und schlagen zu, sobald sie eine Maus oder ein kleineres Kaninchen entdecken, berichtet Teupe.
Deutlich heimlicher seien Waldkauz oder Waldohreule. Doch an den Kotspuren und Gewöllen erkenne man schnell, dass auch diese nachtaktiven Jäger die Ansitzhilfen annehmen.
Greifvögel werden durch die Julen an den Deich gelockt
Die Beutegreifer können die Julen als Baumersatz nutzen und würden so an den Deich gelockt, erklärt Teupe: „Das Anlocken von tag- und nachtaktiven Greifvögeln ist eine natürliche Art der Nagerbekämpfung und viel umweltschonender, als zum Beispiel Gift in die Mäuselöcher zu legen.“
Davon ist man auch beim Deichverband überzeugt: Früher konnte man in den Deichen zahlreiche Furchen und Löcher von Mäusen und Kaninchen finden, erklärt Dülge. Durch diese Löcher konnte Wasser in die Deiche eindringen und das Bauwerk destabilisieren.
Das Problem hat sich mittlerweile minimiert. Das sei zwar nicht nur den Julen zu verdanken, die Unterstützung der Greifvögel bewirkt aber schon etwas. Deshalb hat man in Arbergen gerade wieder zwanzig Ansitzhilfen aufgestellt und ersetzt auch beschädigte oder verschwundene Julen, erklärt Dülge.
Mit einfachen Mitteln die Nager im Zaum halten
Von dem Vorgehen der Deichverbände zeigt sich Sagiroglu begeistert: „Es ist doch unglaublich positiv, dass man mit so einfachen Mitteln und dazu noch auf natürliche Art und Weise die Nager effektiv im Zaum hält.“ Das sehen auch andere Deichverbände so, die (wie bei Hamburg) auch an ihren Flüssen Jagdhilfen aufstellen.
Kommentar: Vorbildliche Initiative
Mit ihrer Initiative auf dem Deich Ansitzhilfen für Greifvögel aufzustellen, haben die Bremer Deichverbände eine hervorragende Arbeit geleistet. Indem man den Greifvögeln eine kleine Jagdhilfe anbietet, lockt man die Vögel an den Deich, wo sie eine wichtige Rolle bei der Nagerbekämpfung spielen. Mit einfachsten Mitteln wird so die Nagerpopulation im Zaum gehalten. Natürlich, umweltfreundlich und effektiv – Chapeau. Nach den guten Erfahrungen, die in Bremen gemacht wurden, haben Deichverbände an anderen Flüssen die Initiative aufgegriffen und ebenfalls Ansitzhilfen an den Deichen aufgestellt. Richtig so, wenn man die Schädlingspopulation auch mit natürlicher Unterstützung in den Griff bekommen kann, braucht man ganz sicherlich nicht mehr die „chemische Keule“ schwingen.