Der Angeklagte (M.) vor Verhandlungsbeginn mit seinen Verteidigern. Foto: Sieler Der Angeklagte (M.) vor Verhandlungsbeginn mit seinen Verteidigern. Foto: Sieler
Mordanklage

Motorradprozess: Fahrer zeigt vor Gericht Emotionen

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Im Prozess gegen einen wegen Mordes angeklagten Motorradfahrer wurden am Donnerstag erste Zeugen vernommen. Bei einem Unfall im Juni kam ein 75-Jähriger zu Tode. Einen gültigen Führerschein besaß der Beschuldigte nicht.

Der wegen Mordes Angeklagte Motorradfahrer  war im Juni in einen Unfall mit Todesfolge verwickelt, als er mit seinem Krad an einem Fußgängerweg in einen 75-Jährigen fuhr und diesen dabei tödlich verletzte. Der Student hatte zuvor offenbar bereits mehrfach seine rasanten Fahrten mit einer Helmkamera gefilmt und auf Youtube veröffentlicht.

In der Verhandlung am Donnerstag wurden mehrere Zeugen gehört. Zunächst sollte jedoch der Angeklagte Angaben zu dem Unfall machen.  Der Beschuldigte habe allerdings in der Nacht zuvor schlecht geschlafen und sei nicht in der Lage, strukturiert vorzutragen, so seine Anwälte. Daher stellten der Richter und die Staatsanwaltschaft Fragen. Der 24-Jährige wirkte angespannt, rieb sich häufig die Augen und antwortete des Öfteren zaghaft und stockend.

Helmkamera offenbar während der Fahrt ausgefallen

Am Abend des Unfalls hatte er nach eigenen Angaben aufgrund des Ramadan weder etwas gegessen noch getrunken. Am Vorabend habe er etwas Marihuana konsumiert. Gegen 21 Uhr wollte er noch eine Runde auf dem Motorrad drehen – eine 200-PS-Maschine für die er keine gültige Fahrerlaubnis besitzt. Dennoch sei er bereits 5000 bis 6000 Kilometer damit gefahren.

Obwohl er viele Fahrten mit einer Helmkamera festhielt, war das bei eben dieser Fahrt nicht der Fall. Im Laufe seiner Tour habe er festgestellt, dass die Kamera aus war, möglicherweise wegen eines leeren Akkus. Daher gibt es keine Aufnahmen von der Unfallfahrt. An Details, welche Strecke er am Abend des 17. Juni zurückgelegt hat, kann er sich nicht lückenlos erinnern. Fakt ist, dass es gegen 21.40 Uhr zu dem Unfall  an der Ecke Nordstraße/Elisabethstraße kam.

Die Staatsanwaltschaft gründet ihre Anklage auf Mord zum Teil auch auf die Videos, die der Angeklagte von seinen Fahrten bei youtube veröffentlichte. Der Angeklagte erklärte am Donerstag, dass er überlegt hatte, seine Nebenjobs mit den Videos als dauerhafte Einnahmequelle zu ersetzen. Dies würde er jedoch nicht für den Rest seines Lebens tun wollen.

Überholmanöver vor dem Unglück

Unmittelbar davor soll er an der Kreuzung Hansestraße/Hans-Böckler-Straße bei einem Überholmanöver einen Unfall verursacht haben, dies bestätigte der 24-Jährige bei der Vernehmung jedoch nicht. Ein an diesem Vorfall beteiligter Zeuge soll an einem der folgenden Verhandlungstage angehört werden.

Die Fahrweise des Beschuldigten ist an jenem Abend auch einem Bremer Polizeibeamten aufgefallen, der sich privat auf seinem eigenen Motorrad auf den Nachhauseweg befand. Zunächst habe ihn der spätere Unfallfahrer bei einem Überholmanöver beinahe touchiert, und nach einigen Ampelstopps nochmals mit „geschätzt 150 Stundenkilometern“ auf der Hochstraße Breitenweg überholt.  Danach sei er freihändig sitzend, später stehend gefahren, gab der Beamte vor Gericht an.

Zeugen haben kein Bremsen wahrgenommen

Der Unfall selbst wurde im Detail behandelt. Der Angeklagte gab an, stark gebremst und durch runterschalten die Motorbremse mitgenutzt zu haben. Den Fußgänger habe er wahrgenommen, „aber leider zu spät“. Zwei jugendliche Zeugen, die beide unmittelbar vor dem Unfall den Fußgängerübergang passiert hatten und auch noch einen sehr kurzen Austausch mit dem Opfer hatten, gaben an, dass sie ein Bremsen des Motorrads nicht wahrgenommen haben.

Auch waren sich beide darin einig, dass der Beschuldigte mit mindestens 100 Stundenkilometern auf den Kreuzungsbereich zufuhr. Einer von beiden machte jedoch offenbar widersprüchliche Angaben im Vergleich zu seiner Aussage bei der Polizei. Die beiden Freunde wollten dem Opfer angeblich noch etwas warnendes zurufen, doch dafür ging alles möglicherweise viel zu schnell.

Angeklagter findet eigene Antwort unangemessen

Das 75-jährige Opfer verstarb noch am Unfallort, der Motorradfahrer kam schwer verletzt in eine Klinik. Auf die Frage des Staatsanwaltes, warum er so schnell gefahren sei, dachte der Angeklagte lange nach und war nicht in der Lage zu antworten. Daraufhin wurde ihm eine kurze Pause genehmigt.

Bei der Fortsetzung sagte er, dass die Antwort banal sei: Die Beschleunigung habe ihm Spaß gemacht. Sein Anwalt erklärte, dass der Angeklagte selbst seine Antwort als so unangemessen empfand, dass er sie zunächst nicht über die Lippen bekam. Die Vernehmung weiterer Zeugen zieht sich über den Donnerstagnachmittag, die Verhandlung wird danach erst im kommenden Jahr fortgesetzt. Ein Urteil ist nicht vor Februar zu erwarten.

Besetzungseinwand zurückgewiesen

Die Anklage lautet auf Mord, da die Staatsanwaltschaft ein vorsätzliches Handeln sieht. Er habe den vorhergehenden Unfall, der in einer der kommenden Verhandlungen erörtert werden soll, verdecken wollen. Der 24-Jährige sitzt in Untersuchungshaft.

Einen formalen Besetzungseinwand, den die Verteidiger gegen die Strafkammer des Landgerichts am ersten Verhandlungstag eingebracht hatten, wurde zurückgewiesen. Das Landgericht hatte aufgrund überlasteter Strafkammern eine Hilfsstrafkammer einberufen, um fristgerecht mit der Verhandlung beginnen zu können. Wäre der Einwand durchgekommen, hätte das Verfahren nicht fortgeführt werden können.

 

 

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