Die Bremer konnten am Sarg von Bürgerschaftspräsident Christian Weber im Dom Abschied nehmen. Foto: Kerstin Rolfes / Bremische Bürgerschaft
Staatsakt

Bremen verabschiedet sich von seinem Präsidenten

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Mehr als 1.000 Bremer verabschiedeten sich am heutigen Mittwochmorgen (20. Februar) im St. Petri Dom von Bürgerschaftspräsident Christian Weber. Dieser war am 12. Februar nach langer Krankheit mit 72 Jahren verstorben.

Geigenklänge der Bremer Philharmoniker lösten um 10 Uhr die Glockenschläge des Doms ab. Dann: Ein kurzer Augenblick der Stille. Pastor Peter Ulrich führte die Familie des Verstorbenen, begleitet von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD), zum Sarg.

„Christian Weber fehlt uns“, mit diesen Worten und einem Gedicht von Erich Fried leitete Pastor Ulrich den Trauergottesdienst zu Ehren des Bürgerschaftspräsidenten ein. Er fehle der Familie, darüber hinaus einer ganzen Stadt.

Alle Bremer konnten Abschied nehmen

Schon am frühen Morgen hatten die Vorbereitungen für  die Trauerfeier und denStaatsakt begonnen, denn nicht nur Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sollten Abschied nehmen können, sondern alle Bremer. 1.300 waren gekommen und gedachten am von einer Bremer Flagge verhüllten und von Blumen und Kerzen umringten Sarg des Verstorbenen.

Christian Weber fehle an allen Ecken und Enden, sprach Ulrich weiter. Als bekennenden und streitbaren Christen habe er Weber kennengelernt. „Wenn ich mit ihm ins Gespräch kam, wusste ich: Jetzt kriegst Du als Pastor gleich eine Dusche ab“, erinnerte der Pastor sich.

Pastor Dr. Peter Ulrich leitete den Gottesdienst. Foto: Kerstin Rolfes / Bremische Bürgerschaft

Weber habe um die Angst gewusst, die Menschen haben können, so Ulrich weiter. Aus diesem Grund habe der Bürgerschaftspräsident sich auch immer auf ihre Seite gestellt.

Politik gelebt

„Wir alle trauern um Christian Weber“, sagte Bürgermeister Carsten Sieling zu Beginn seiner Gedenkrede. Die Freie Hansestadt Bremen habe nicht nur ihren höchsten Repräsentanten verloren, sondern einen „leidenschaftlichen und authentischen Politiker, der mit großer Offenheit auf die Menschen zugegangen ist“.

Weber habe Politik gelebt, wie kaum ein anderer, so Sieling. In seiner Gedenkrede erinnerte der Bürgermeister aber auch an Webers Engagement außerhalb politischer Gremien, nämlich in Vereinen und Verbänden.

20 Jahre lang Präsident

Christian Weber war 1946 in Oberschlesien geboren worden und als Flüchtlingskind nahe Paderborn aufgewachsen. Erste Schritte in der Politik unternahm er 1972, als er in die SPD eintrat.

Von 1990 bis 2019 war er Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, fünf Jahre später Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bürgerschaft, seit 1999 deren Präsident. Damit war er Dienstältester im Kreis der Landtagspräsidenten.

Die Berufung zum Bürgerschaftspräsidenten sei zugleich zur wahren Berufung geworden, sagte Sieling im Dom. Weber habe das Parlament für die Bürger geöffnet, mit Lesungen, Ausstellungen und Veranstaltungen.

Gesten des Erinnerns

„Die Städtepartnerschaften Bremens mit Danzig und Haifa waren für Christian Weber eine politische Selbstverständlichkeit und ein Herzensanliegen“, sagte Sieling und erinnerte an die zahlreichen Besuche des Bürgerschaftspräsidenten in beiden Städten und die dort geführten Gespräche und „Gesten des wahrhaftigen Erinnerns“.

Weber sei sogar nach Haifa gereist, als dort Bomben flogen, habe Erde vom Bunker Valentin nach Danzig zur Grundsteinlegung des Museums des Zweiten Weltkriegs gebracht und als einziger Politiker das französische Dorf Murat besucht, um sich dort für die Zwangsverschleppung der meisten Männer nach Bremen während der Zweiten Weltkriegs zu entschuldigen.

Bürgermeister Dr. Carsten Sieling hielt eine Gedenkrede. Foto: Kerstin Rolfes / Bremische Bürgerschaft

Verfechter der Demokratie

Weber sei ein glühender Verfechter der Demokratie gewesen. „Ihm war es unerträglich, die ständig weiter sinkende Wahlbeteiligung hinzunehmen„, sagte Sieling. Und zum Sarg gewandt: „Lieber Christian, wählen gehen, das, so hast du immer wieder gesagt, ist nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht.“

Er habe mobilisieren und überzeugen wollen, gerade auch diejenigen, die sich von der Politik abgewandt hätten.

Ein Vorbild

Von einer „Strahlkraft, die nicht viele Politiker haben“, sprach Bürgerschaftsvizepräsident Frank Imhoff (CDU) in seiner Gedenkrede in Vertretung für die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft. Weber sei ein Vorbild in Bezug auf Würde, Anstand und moralische Überzeugung gewesen.

Er habe Brücken gebaut, Verständigung und Aussöhnung gelebt.

In Kontakt mit den Bürgern

In Vertretung für die Partnerstadt Haifa sprach Dr. Robert Karpel. Er erinnerte an zahlreiche Treffen in Bremen und Haifa.

Weber habe dabei stets mit den Bürgern vor Ort sprechen wollen, sei in Luftschutzkeller hinab gestiegen und habe Siedlungen entlang des Gazastreifens besucht, Bäume gepflanzt und ehemalige Bürger Bremens in Haifa besucht.

„Er war ein wirklicher Freund, nicht aus politischen Erwägungen“, sagte Karpel.

Bewundernswerte Haltung

Als Vertreterin der Präsidenten der Landesparlamente sprach auch Carola Veit, Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, im Dom. „Wir als norddeutsche Hafenstädte und Stadtstaaten ziehen schon lange in vielen Fragen an einem Strang, und Christian Weber war einer, der daran viele Jahre mitgewirkt hat.“

Christian Weber war am 12. Februar verstorben. Foto: WR

Weber habe stets das Verbindende gesucht, Gräben überwunden und gemeinsam etwas gestaltet. Diese Haltung habe sie an ihm bewundert, so Veit weiter.

Gedenken in der Bürgerschaft

Im Anschluss an den Gottesdienst hielten Mitarbeiter aus der Bürgerschaftskanzlei und Mitglieder aus dem Vorstand am Sarg die Totenwache. Bis 14 Uhr blieb der Sarg aufgebahrt, damit alle Bremer sich von ihrem Präsidenten verabschieden konnten.

Im Haus der Bürgerschaft wurde im Anschluss im kleineren Kreis an den Bürgerschaftspräsidenten gedacht.

 

 

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