Dabei wollte Schauspieler und Regisseur Knut Schakinnis die Bretter, die die Welt bedeuten, eigentlich nie betreten. Doch es kam anders. Inzwischen ist er Chef von acht Bühnen in sechs Spielstätten der Republik und viel unterwegs.
Zu Hause ist es natürlich trotzdem am Schönsten, bei ihm besonders. Schon alleine, weil er den Tag damit beginnen kann, eine ruhige Kugel zu schieben. Das tut der „Kapitän“ des Theaterschiffs im Billardzimmer seiner Stadtvilla. „Ich spiele dabei gegen mich selbst. Schön daran ist, dass ich immer gewinne“, sagt er.
Jeder hat bei Schakinnis eine eigene Etage
In dem großzügigen Anwesen aus dem Jahr 1928/29 gibt es ferner noch Besonderheiten wie eine Bibliothek und sogar einen Bunker. Der Bauherr und erste Besitzer Otto Blendermann, der auch den „Elefanten an der Hermann-Böse-Straße“ errichten ließ, hat sein ehemaliges Eigenheim ähnlich massiv geplant wie das Antikolonial-Denkmal und vor allem auch sehr großzügig.
Es gibt, inklusive Dachboden mit Atelier, sechs Etagen. Eine für alle im Hochparterre mit Wohnküche, Wintergarten und Wohnzimmer. Im Keller wohnt der Hausherr selbst und, wie er es formuliert „in den dreien darüber mein Harem“.
Seine Frau und die beiden Töchter (16 und 23 Jahre alt) haben jeweils ein Geschoss mit Wohn- und Schlafzimmer für sich. „Seitdem wir uns so verteilen können, gibt es keinen Streit mehr“, berichtet er schmunzelnd.
Ein Alpha-Tierchen vor dem Kamin
Aus dem Weg gehen können sich die vier genausogut im Außenbereich ihres Domizils – einem, der mal zu einem der 100 schönsten Privatgärten Deutschlands gekürt wurde. Auf Ebene eins gibt es einen mit Milchglas geschützten Balkon.
Unten eine Grillstation und zwei Terrassen. Eine davon überdacht mit Koiteichen an beiden Seiten, allerdings ohne Fische. Dafür hat der 64-Jährige mit Sternzeichen Löwe ein anderes Haustier, das ihn und die Familie im Griff hat: Die 16 Jahre alte Terrierhündin Susi.
„Ein kleines Alpha-Tierchen, das aber sogar Dobermänner in die Knie zwingen kann“, berichtet das Herrchen. Es ist ein Vierbeiner, den die Schakinnis‘ nach eigenen Angaben „zugegebenermaßen ein bisschen verwöhnen“.
Neben einem eigenen Sofa und einem Körbchen zum Reinkriechen gehört ihr ein Sessel im Eingangsbereich. Der steht gegenüber eines Kamins. Warum diese Feuerstelle im Flur steht? „Früher wurde von hier aus das gesamte Haus beheizt, über Rohrleitungen“, erläutert der Schauspieler.
Raffinierte Beleuchtung im ganzen Haus
Heutzutage ist natürlich alles moderner. Seine Vorbesitzer, die nicht nur den prämierten Garten anlegen ließen, haben im Haus die tollsten technischen Innovationen eingebaut. Gemeinhin dunkle Räume wie Gäste-WC, Flure und Treppenaufgänge werden so geschickt von oben illuminiert, dass es aussieht wie echte Oberlichter – alle mithilfe von Dimmern steuerbar.
Ansonsten sorgen viele Fenster für helles Ambiente, sogar im Souterrain. So kann Schakinnis in der kleinen Küche seines unteren Bereiches nebenbei ohne künstliche Beleuchtung sogar „studieren“.
Lernen was das Zeug hält
Denn der Überflieger, der es von einfachen Jobs als Industrieschweißer, in einer Tischlerei, als Taxifahrer und Objektleiter einer Gebäudereinigungsfirma zum Oberhaupt von sechs Theatern (darunter zwei auf schwankenden Planken) geschafft hat, lernt gerade für seinen Pilotenschein.
Auf seinem (eigenen) kleinen Esstisch liegen stapelweise Bücher. Platz für ein Gedeck ist kaum. Kein Problem. Gegessen wird meistens in der gemeinschaftlichen Wohnküche. In seltenen Fällen sogar das, was er selbst auf den Tisch zaubert.
Denn Kochen hat er ebenfalls mal gelernt. „Während meiner Studienzeit in Hamburg brauchte ich einen Nebenerwerb“, berichtet das Multitalent. Er bewarb sich in einem italienischen Restaurant. „Da ich zum Service keine Lust hatte, bin ich in der Küche gelandet, und das obwohl ich nicht mal wusste, wie man Nudeln oder Reis zubereitet.“ Er hat‘s gelernt und drei Jahre dort sein Zubrot verdient.
Entspannung im verwunschenen Garten
Nach hitzigen Arbeitstagen entspannt er aber nicht am Herd. Da er bis zu 60.000 Kilometer jährlich im Auto verbringt, liebt er es „einfach mit Susi und einem Glas Wein durch den Garten zu schlendern“.
Dieser sei zwar etwas verwilderter als zu seiner preisgekrönten Zeit, aber gerade das Verwunschene mag er. Ab und an legt er im Grünen selbst Hand an, zwei Mal im Jahr gönnt er sich einen Gärtner.
„Die hohen Gewächse zu beschneiden, ist dann doch eine zu große Herausforderung.“ An diversen Stellen besonders: In einem Beet steht ein großer Wallnussbaum. „An dieser Nahrungsquelle erfreuen sich viele Eichhörnchen. Ansonsten sagt man, dass das Gewächs Mücken fern hält. Und tatsächlich haben wir keine.“
Aus Liebe nach Bremen gezogen
Dabei ziehen Feuchtbiotope im Freien die Insekten bekanntlich an und von Wasserstellen hat die Familie ja gleich mehrere. Neben den besagten noch einen Pferdetrog. „Der wurde früher nach Saunagängen als Erfrischungsbecken genutzt.“ Denn einen Schwitzkasten gibt es im Haus natürlich ebenfalls.
So lässt es sich leben. Schakinnis, der vor 23 Jahren der Liebe wegen nach Bremen zog, ist folglich endgültig angekommen. Zwei Jahrzehnte in der Wesermetropole hat er in der Weberstraße im Viertel gelebt.
„Das findet man mit 30 oder 40 Jahren vielleicht schön, uns war das aber irgendwann zuviel. Ich habe mir immer, wenn ich von einer Geschäftsreise zurück kam und in der Vahr von der Autobahn gefahren bin, einfach nur gewünscht, schnell abbiegen und meine Ruhe haben zu können.“
Nicht mehr bergauf und bergab spazieren
So sehr er seine Wahlheimat in der Hansestadt liebt, so gerne denkt er an seine Wurzeln im Westerwald zurück. Dort ist er als eines von zehn Geschwistern aufgewachsen – glücklich. „Mit dem norddeutschen Flachland hatte ich tatsächlich zunächst Probleme“, gesteht er.
Dass spazieren gehen hierzulande bedeute, einfach nur geradeaus und nicht bergauf und -ab zu laufen, hätte er lange als komisch empfunden. „Auf dem Weg in den Süden kommen dann doch immer wieder Kindheitserinnerungen hoch. Ab Bielefeld und einer Steigung, beziehungsweise einem Gefälle von vier Prozent auf den Straßen, bekomme ich Adrenalinschübe.“
In Findorff steht nur noch ein Billardtisch außerhalb des Jugendheimes und eines kleinen Vereines, der Karambolage anbietet. Selbst die rar gewordenen Kneipen im Stadtteil sind zu beengt dafür, sich einen Billardtisch aufzubauen. Der degenerierende Zeitgeist ändert sich gerade dahin, dass es dort nur noch den Mix: Bier- und Fressbude gibt. Hier gibt es dann überteuerte Flamm- und Zwiebelkuchen bis zum abwinken oder überteuertes Fastfood, dass man mit Bier bis zum Umfallen herunterspült. Findorffer erreichen ihr kulinarisches Höchstniveau und der Stadtteil seine gastronomischen Grenzen bereits beim Verzehr und Angebot von Tapas und dem spanischen Durchschnittswein dazu, die im Ambiente der Räumlichkeiten einer ehemaligen Zunftkneipe gereicht werden. Das was in den jeweiligen Herkunftsländern in Straßenküchen angeboten wird, findet hier beim einfachen Findorffer Anklang, der vergleichsweise viel Geld dafür bereit ist auszugeben, wird es in einfachen, mittlerweile indischen Restaurants oder von asiatischen Schnellküchen präsentiert, wo der Gelbe Sack noch vor dem Eingang zur Lokalität platz findet, die selbst sehr beengt ist.
Ganz einfache und kulinarisch völlig anspruchslose Menschen, von denen es viele in Findorff gibt, sieht man sich die Anzahl der Dönerdreher an, greifen zum ungesunden Fastfood vom Bosporus. Wer es nicht minder einfach mag, sich aber den Touch der französischen Küche geben will, geht zum Baguette-Bäcker und bezahlt für die billig belegte und überbackene Weißmehlsemmel, die auf französische Art geformt ist, ebenso teuer.