Sobald die Hallen und Anlagen am Gröpelinger Depot abgerissen sind, schlägt die Stunde der Archäologen: Als die Gebäude vor über hundert Jahren errichtet wurden, gab es noch keine dokumentierten Aufzeichnungen über den Untergrund. Und der könnte es durchaus in sich haben, schätzt die Landesarchäologin Uta Halle. Das Areal befindet sich nämlich mitten auf der Bremer Düne, die sich über Achim bis Grambke hinzieht und sehr früh besiedelt wurde.
„Über die Bremer Düne konnte man über Achim hinaus bis an die Lesum trockenen Fußen durch das Bremer Becken kommen. Nach der Lesum-Überquerung kam man dann direkt auf die Hohe Geest mit bis zu 30 Metern Höhe, die sogar schon seit der Steinzeit besiedelt war“, erläutert Halle.
Alles in Absprache mit der BSAG
Nachdem man bei früheren Grabungen in Grambke bereits über siebzig Grubenhäuser nachgewiesen habe, könne man nun vielleicht auch auf dem Gröpelinger Gelände erste frühchristliche Siedlungsstätten vorfinden. Erkenntnisse habe man dazu aber gegenwärtig keine, da man gar nicht wisse, wie weit der Boden beim Gebäudebau abgetragen wurde.
Bereits im Vorfeld waren in Abstimmung mit der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) Erkundungsflächen festgelegt worden. Sobald die Hallen verschwunden sind, soll dann zunächst eine Prospektion vorgenommen werden, also die Erkundung der etwaigen archäologischen Stätte. Dazu wird ganz vorsichtig ein etwa zwei Meter breiter Graben mehrere Meter tief ausgehoben und nach Hinweisen auf eine Bebauung gesucht.
Möglich seien etwa die Reste von Grubenhäusern, die gerne genutzt wurden, um frühe Webstühle aufzustellen, weiß die Landesarchäologin. Es könnten vielleicht auch Reste von Pfostenhäusern gefunden werden. Schließlich sei das Bremer Becken schon sehr früh und dicht besiedelt gewesen, ebenso wie Gröpelingen und Oslebshausen.
Auftrag zur Grabung ausgeschrieben
Für die Wissenschaftler eine spannende Spurensuche in der ganz frühen Bremer Siedlungsgeschichte. „Bei den Arbeiten sprechen wir uns ganz eng mit der BSAG ab. Die wissen, was auf sie zukommt – und hoffen natürlich, dass nichts gefunden wird“, sagt Halle. Schließlich solle es ja keine Bauverzögerung geben.
Dennoch seien solche Untersuchungen gerade die Aufgaben der Landesarchäologie, zu der Bremen auch gesetzlich verpflichtet sei. Die BSAG selbst schreibt den Auftrag aus und übernimmt die Kosten. „Die Untersuchungen werden von einer externen Firma in Abstimmung mit der Landesarchäologie durchgeführt“, sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling.
Schon einmal mehrere Knochen gefunden
Mit archäologischen Funden hat man bei der BSAG bereits Erfahrung: Beim Abriss einer Service-Werkstatt auf dem BSAG-Gelände kamen einmal menschliche Knochen zum Vorschein. „Oberarm- und Unterschenkelknochen von mehreren Menschen, aber auch Tierknochen und Sargnägel. Es stellte sich dann heraus, dass der Bauschutt, der vor der Errichtung der Gebäude genutzt wurde, vermutlich Friedhofserde war. Diese stammte eventuell von einem alten innerstädtischen Friedhof aus dem 18. oder 19. Jahrhundert, der aufgelöst wurde“, sagt Holling.
Auch diese Funde wurden von der Landesarchäologie untersucht.
Geologischer Atlas für Bremen
Übrigens werden bei der Bremer Landesarchäologie gegenwärtig auch die Bestände und früheren Ausgrabungsergebnisse digitalisiert. Das Ziel: In einigen Jahren soll ein geologischer digitaler Atlas entstehen. Damit könnten die Bremer dann auch selber sehen, welche Ausgrabungen es gegeben hat, was gefunden wurde und wie das Bremer Becken besiedelt wurde, stellt Halle in Aussicht.
von Martin Bollmann und Rike Füller
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