Unternehmen sollen unter anderem Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen anbieten. Foto: Pixabay Unternehmen sollen unter anderem Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen anbieten. Foto: Pixabay
Gerechtigkeit

Gleiche Arbeit – gleicher Lohn

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Mit einem Beschluss zur Gendergerechtigkeit im Erwerbsleben will der Bremer Senat vor allem Frauen stärken.

Frauen sollen für gleichwertige Arbeit auch gleichwertige Bezahlung erhalten. Das ist das Ziel der Landesstrategie zur Gendergerechtigkeit im Erwerbsleben und zur Entgeltgleichheit, die der Bremer Senat am Dienstag verabschiedete.

„Das geschlechterspezifische Lohngefälle verdreifacht sich bei der Gruppe der 30- bis 50-Jährigen. Frauen werden in dieser Lebensphase durch die Familiengründung einfach aus dem Arbeitsmarkt heraus gekegelt“, sagt Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer Bremen. Nach einer Erwerbsunterbrechung kehrten zudem viele Frauen nicht in ihre Vollzeitposition zurück – ein Umstand, der auch mangelnder Kinderbetreuung geschuldet sei.

Staat und Unternehmen gefordert

Inzwischen arbeiten in Bremen mehr Frauen in Bremen in Teilzeit als in Vollzeit – eine Situation, die durch die Pandemie noch verstärkt wurde.

„Immer noch verdienen Frauen weniger als Männer, bekommen Frauen eine geringere Rente und arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit. Das zu ändern ist nicht nur eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit. Das zu ändern wäre auch ein Erfolgsfaktor im Ringen um gut ausgebildete Fachkräfte an den Standorten Bremen und Bremerhaven. Hier sind deshalb Staat und Unternehmen gleichermaßen gefordert, um ein gleichberechtigtes Geschlechter- und Frauenbild, flexible Arbeitszeitmodelle und eine verlässliche Kinderbetreuung zu fördern“, so  Bovenschulte.

„Frauen haben es nicht leicht am Bremer Arbeitsmarkt, und das hat strukturelle Gründe. Der Unterschied der Bezahlung von Männern und Frauen ist in Bremen so groß, die Erwerbbeteiligung von Frauen so niedrig wie in keinem anderen Bundesland“, erklärte Bettina Wilhelm, Landesfrauenbeauftragte.

Maßnahmen zur Entgeltgleichheit beschlossen

Die nun beschlossene Landesstrategie umfasst 28 Maßnahmen, darunter den Ausbau der Kinderbetreuung sowie die Aufwertung des Berufs der Erzieherin oder des Erziehers. Die duale Ausbildung in diesem Bereich soll ausgeweitet werden. „Wir haben mehr Bewerber als Plätze“, sagt Heyduck.

„Zu den drängenden Vorhaben zählen zum Beispiel die Aufwertung und tarifliche Vergütung der Erzieherinnenausbildung. Sie ist nicht nur ein wichtiger Meilenstein, um genug Fachkräfte für den so wichtigen Ausbau der Kinderbetreuung zu gewinnen. Denn erst, wenn Frauen in den typischen Care-Berufen die gleichen Ausbildungsbedingungen vorfinden und sie anschließend auch entsprechend bezahlt werden, kann der Gender Pay Gap geschlossen werden“, so Heyduck weiter.

Ziele sind darüber hinaus passgenauere Förder- und Qualifizierungsmaßnahmen, familien- und geschlechtergerechte Arbeitszeiten sowie der Abbau von Klischees bei der Berufsorientierung von Kindern und Jugendlichen. Die Entgeltgleichheit sei zudem eine Grundvorsetzung.

„Die Strategie hat das Zeug zum echten ‚Gamechanger‘ für Frauen auf dem Bremer Arbeitsmarkt“, so Heyduck weiter. Nun komme es auf die Umsetzung der konkreten Ziele an, außerdem auf die Bereitstellung der nötigen Finanzmittel.

Wirtschaft muss Strukturen ändern

Kristina Vogt, Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, sieht auch die Unternehmen in der Pflicht: „Sie müssen die Rahmenbedingungen verbessern sowie passgenaue Angebote entwickeln. Dabei wollen wir die Unternehmen auch durch Förderung unterstützen. Zugleich wollen wir in unserem Rahmen aber auch eine stärkere Tarifbindung ermöglichen, zum Beispiel bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oder durch die Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen.“

Der enorme Fachkräftemangel sei lange von der Wirtschaft unterschätzt worden, das Maßnahmenpaket eine Möglichkeit, diesem nun entgegen zu treten.

Auch müssten Arbeitsbedingungen in Gesundheitsberufen deutlich verbessert werden, wie Heyduck erklärte: „In der Pflege wird oft unfreiwillig in Teilzeit gearbeitet, weil der Job in Vollzeit zu anstrengend ist. Hier müssen Modellprojekte etabliert werden.“

Unternehmen werden gefördert

Finanziert werden sollen derartige Förderungen mithilfe des EFRE-Programms „Gender Diversity in KMU“. Dafür hat der Senat eine  Unterstützung von 1,8 Millionen Euro beschlossen, die größtenteils aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) stammen und durch Landesmittel ergänzt werden.

So sollen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen ab 2023 Innovationsprojekte durchführen und die Hälfte ihrer Projektkosten als Zuwendung erhalten. Dafür werden laut Vogt Pilot-Unternehmen gesucht, die bereits Maßnahmen umsetzen oder die bereit sind, dies auch künftig zu tun.

Gefördert werden Innovationen in Prozessen und Organisationen, beispielsweise eine für Frauen attraktivere Gestaltung von Bewerbungsverfahren, die Entwicklung neuer Führungsmodelle wie die Führung in Teilzeit, das sogenannte Topsharing oder die Umsetzung familienfreundlicher Arbeitszeitmodelle.

Kooperation von Politik, Verbänden und Unternehmen

Im Januar 2023 wird sich eine ressortübergreifende Steuerungsgruppe konstituieren. Die Federführung hat die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa inne. „Wir sind froh, dass die Zielkriterien bereits formuliert sind“, sagt Arbeitssenatorin Vogt.

Die Steuerungsgruppe übernimmt die Priorisierung der beschlossenen Maßnahmen und berät über neue Maßnahmen. Ein erster Sachstandsbericht an den Senat ist für Herbst 2023 vorgesehen.

Zum Thema:

Wesentlicher Gradmesser für die Chancengleichheit der Geschlechter im Erwerbsleben ist die Entgeltlücke. Sie wird ermittelt als Differenz der durchschnittlichen (Bruttostunden-)Verdienste zwischen Frauen und Männern, ausgedrückt als Prozentsatz der höheren (Männer-)Verdienste.

Die Entgeltlücke betrug 2021 im Bundesdurchschnitt 18 Prozent. Bremen hat gemeinsam mit Baden-Württemberg mit 22 Prozent die größte Entgeltlücke. Auch ist die Lage für Frauen auf dem Arbeitsmarkt im Land Bremen im Bundesvergleich schlecht: Laut Mikrozensus 2022 sind nur 67,8 Prozent der Frauen erwerbstätig. Zudem arbeiten seit 2019 mehr Frauen in Teilzeit als in Vollzeit, nämlich 51 Prozent. Hingegen gehen in Bremen nur 17 Prozent der männlichen Arbeitnehmer einer Teilzeitbeschäftigung nach.

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