Andrea Vogelsang, unter anderem im Gemeinderat Lilienthals tätig, musste eine wahre Schnitzeljagd veranstalten, um an die Quellen ihrer Recherche zu gelangen. Foto: Roskamp
Geschichtsforschung

Dunkle Geschichte

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Andrea Vogelsang berichtete über die Hexenverfolgung im St. Jürgens Land.

Eine regelrechte Schnitzeljagd nach Quellen musste Andrea Vogelsang veranstalten, um an die Informationen zu gelangen, die sie im Emmi Brauer Haus präsentierte. Um nicht weniger als die Hexenverfolgung im Bereich des St. Jürgens Landes sollte es hierbei gehen. Ein immerhin knapp 500 Jahre zurückliegendes Kapitel in der Geschichte der Menschheit. Passend tobte am Abend des Vortrags ein Unwetter. Regen, Donner und Blitze empfingen die zahlreichen Zuhörer, der Saal füllte sich rasch so stark, dass noch zusätzliche Stühle herangeschafft werden mussten.

Die Welt, so erzählte Vogelsang, war um 1550 eine ganz andere als heute. Wege waren Mangelware und kaum oder sehr schlecht befestigt. Hinzu kamen Überschwemmungen in Weiten Teilen des Nordens während der Wintermonate. Kam dann kein Eis, war an ein Wegkommen nicht zu denken, auf den Dachböden der Bauernhöfe lagerte zur Sichereheit immer auch ein Sarg, der, sollte er Gebrauch finden, während der wärmeren Jahreszeit im Boden vergraben wurde. Große Vorräte waren eine Notwendigkeit, wenn man überleben wollte.

Vogelsang führte ihre Erörterungen nach dieser Skizzierung des mittelatlerlichen Lebens in der Region des St. Jürgens Landes weiter und griff die Themen Kirche und Rechtssprechung während der beschriebenen Zeit auf. Die hiesigen Dörfer gehörten damals zum Erzstift Bremen, die Gerichtsbarkeit für das St. Jürgens Land lag beim Kloster Lilienthal. Die Richterposten wurden allerdings vererbt, die Herren von der Hude, also das in Ritterhude ansässige Adelsgeschlecht, bekleideten diese Posten. „Die katholische Kirche hatte es auf Frauen abgesehen“, so Vogelsang. Die Pest hatte Ängste geschürt. Während der drei Wellen der Hexenverfolgung in Deutschland – 1590, 1630 und 1660 – kam es zu 100.000 Todesopfern durch Verfolgung, 80 Prozent hiervon waren Frauen.

Zwei Frauen stellte Vogelsang während ihres Vortrags vor. „Bei meiner Recherche stellte sich aber heraus: Es waren noch wesentlich mehr Frauen, die hier verfolgt wurden.“ Gebbeke Detleves wurde der Zauberei angeklagt, sie solle Vieh verzaubert haben. Hynrick Pope klagte sie dreimal an, Otto von der Hude, der damalige Richter, schmetterte die ersten beiden Anfragen ab. Laut Vogelsangs Recherchen habe er auf die möglicherweise verheerenden Folgen eines Prozesses hingewiesen. Ein drittes Mal wollte Pope ich aber nicht hinhalten lassen, der Prozess kam zustande. Da es aber keine Zeugen gab, kam es zu keinem Urteil. Anders verhielt es sich bei Aleken Pope, Hynriks Ehefrau. Diese soll nach dem Prozess um Detleves einen Verwandten von der Hudes beschimpft haben, der kurze Zeit später verstarb. Nach der Folter kam es zu einem Geständnis, die Frau wurde verbrannt.

Zum Ende hin wies Vogelsang noch auf Christina von Schweden hin. Die Königin sei sehr fortschrittlich gewesen und habe ihren Landsleuten 1649 befohlen, jegliche Hexenprozesse einzustellen.

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