Schon Kinder lernen in der Grundschule alles über den Einsatz der Notrufnummern 110 und 112, damit sie im Fall des Falles schnell gewählt werden können. Doch was, wenn ein Autofahrer auf dem verlassenen Waldweg einen Schwächeanfall erleidet oder er sich in Regionen aufhält, die seine Ortskenntnisse an ihre Grenzen stoßen lassen?
Hersteller diverser Apps bieten dafür neuerdings spezielle Programme fürs Smartphone an. Im Notfall reicht so beispielsweise ein Klick auf die Alarm-Taste, um einen Notruf an die zuständige Rettungsleitstelle abzusetzen – inklusive exakter Ortsangaben, GPS-Ortung sei Dank. „Eine derart genaue Standortbestimmung kann sicher nützlich sein, wenn man sich gerade ‚irgendwo in der Pampa‘ befindet“, begrüßt Reinhard Bartel, Leiter der Rettungswachen beim Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes, die moderne Technik.
Es fehlt an einheitlichem Standard
„Nach wie vor ist eine mündliche und möglichst präzise Schilderung des Standortes im Rahmen eines Notrufs der sicherste Weg, um die Einsatzkräfte schnellstmöglich zu entsenden“, beschreibt Kreishaus-Sprecherin Jana Lindemann die Sicht der Integrierten Regionalleitstelle in Bremerhaven. Wenn zusätzlich die Koordinaten des Standortes bekannt seien, habe die Leitstelle die Möglichkeit, diesen über vorhandene Geoinformationssysteme zu bestimmen. Dafür könnten die Funktionen hilfreich sein.
Aber: „Es sind verschiedene Systeme am Markt, die Standortinformationen in unterschiedlicher Form anzeigen beziehungsweise übermitteln. Es fehlt an einem Standard. Eine direkte Übermittlung der Geodaten aus entsprechenden Apps in den Einsatzleitrechner erfolgt daher derzeit nicht“, so Lindemann. Um die Systeme flächendeckend einzusetzen, „sind die Bundes- oder Europaebene gefordert, einen einheitlichen und absolut verlässlichen Übermittlungsstandard der Geoinformationen festzulegen“.
Retter verlassen sich nicht auf Infos aus einer App
Neben der GPS-Ortung bieten verschiedene Apps zudem die Möglichkeit, gewisse Daten zur eigenen Person einzugeben, die im Notfall für Ersthelfer schnell ersichtlich werden sollen. Dabei kann es nicht nur um Körpergröße und -gewicht, sondern auch Blutgruppe, Allergien oder Vorerkrankungen gehen.
Dies wird im Landkreis Osterholz eher skeptisch betrachtet. „Kein Arzt würde einfach eine Blutkonserve XY verabreichen und sich dabei auf eine App verlassen“, sagt Reinhard Bartel vom Roten Kreuz.
Und findet Zustimmung im Kreiskrankenhaus Osterholz. Dr. Hans-Ludwig Lenz, Chefarzt der Chirurgie, stehe dem „eher skeptisch“ gegenüber. Und er denke dabei auch an Datenmissbrauch. Schließlich wisse niemand, wer genau Zugriff auf ein Smartphone und dessen Daten habe. Diesbezüglich habe sich die „konventionelle Behandlung“ unbedingt bewährt und sei klar vorzuziehen.