Beate Werner ist sauer. Zur Abdichtung des Kanals im Keller benötigt sie dringend einen Experten. „Fünf Klempner habe ich angerufen. Drei hatten gar keine Zeit, zwei waren wenigstens mal da. Von dem einen habe ich nie wieder was gehört, bei dem anderen einen Auftragszettel unterschrieben. Das ist Wochen her. Getan hat sich bislang allerdings nichts“, klagt die Neustädterin.
Kein Einzelschicksal. Im Handwerk läuft es beinahe zu rund. „War bereits der Start ins Jahr 2017 herausragend, so hat dieser Schwung im Jahresverlauf noch einmal an Dynamik und weiter an Kraft gewonnen,“ sagt Martina Jungclaus, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer.
„Das Handwerk packt an und ergreift seine Chancen, die ihm das derzeit günstige konjunkturelle Umfeld mit niedrigen Zinsen, einer guten Auftragslage im Wohnungsbau bietet,“ fügt sie hinzu.
Betriebe an ihren Kapazitätsgrenzen
Allerdings sei es für viele Betriebe momentan schwierig, die Kapazitäten auszuweiten. „Es sind einfach nicht genügend Fachkräfte zu finden, die eingestellt werden könnten. Schon jetzt arbeiten viele Betriebe an ihren Kapazitätsgrenzen, einige sogar oberhalb davon“, fügt sie hinzu.
Gas- und Wasserinstallateur Karl Marggraf von der Firma „Der Marggraf“ kann davon ein Lied singen: „Wir haben keinen Nachwuchs. Auf 300 Betriebe in meiner Branche kommen 45 Azubis im ersten Lehrjahr.“ Er selbst würde gerne jemanden einstellen. „Aber man findet ja niemanden.“
„Können uns leider nicht klonen“
Norbert Allen von der „Volker Brüning Sanitär- & Heizungstechnik GmbH“ geht es genauso: „Wir können aktuell keine weiteren Kunden dazu nehmen, weil wir uns leider nicht klonen können und die Menschen langfristig gut betreuen wollen.“
„Die Branche Heizung und Sanitär ist besonders von Nachwuchsproblemen betroffen. Einigermaßen begehrt sind noch Jobs als Kfz-Mechatroniker oder Friseur“, weiß auch Stefan Schiebe, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bremen.
Imagekampagnen laufen
Er kennt auch den Fall von Beate Werner, die bei der Dachorganisation aller Bremer Handwerker-Innungen um Hilfe gebeten hat. „Sie meinte, wir sollen Druck auf die Betriebe ausüben, aber das können wir natürlich nicht“, betont Schiebe.
Man tue hingegen alles, um Schulabgängern eine Ausbildung im Handwerk schmackhaft zu machen. „Das ist nämlich höchst attraktiv. Es gibt 130 Ausbildungsberufe, in denen man es schnell zu etwas bringen und sogar sein eigener Chef werden kann. Nur für 41 Berufe braucht man einen Meisterbrief. Und Akademiker verdienen zumindest in den ersten Berufsjahren auch nicht mehr“, listet er auf.
Zahl der offenen Stellen unbekannt
Genau 2949 junge Menschen haben diese Vorteile erkannt. So viele Lehrlinge gab es Ende des vergangenen Monats laut Handwerkskammer in Bremen. Wie viele Stellen offen geblieben sind, konnte Sprecherin Sabine Pein nicht sagen. „Wir wissen ja nicht, welche Betriebe suchen.“
Genaue Zahlen kann auch Jörg Nowak von der Agentur für Arbeit nicht nennen. Nur so viel: „Unsere Ausbildungsstatistik ist erst ab Ende März verfügbar. Vorher ist noch zu viel Bewegung auf dem Markt.“
Und es wird viel getan, um Jugendlichen das Handwerk ans Herz zu legen. „Unter anderem haben wir Imagekampagnen wie eine Lehrstellenbörse am Start“, berichtet Schiebe. Interessierte können sich unter es-ist-deine-staerke.de über die einzelnen Berufe, offene Stellen und Praktikumsplätze informieren.