„In 100 Jahren haben sich die Werkstätten stark entwickelt. Mit dunklen und hellen Kapiteln. Wir wollen heute nichts unter den Teppich kehren“, leitete Sozialsenatorin Anja Stahmann ein. Gefeiert wurden heute (2. März) in der Oberen Rathaushalle 100 Jahre Werkstatt für Menschen mit Behinderungen.
In Zukunft, so Stahmann weiter, sollen sich die Türen des Martinshofs, wie Werkstatt Bremen seit 1953 heißt, noch weiter öffnen. „Ich träume noch von dem Innenstadtcafé“, sagte die Senatorin.
Rückschau und Ausblick
Die Geschichte des Martinshofs hatten dessen Geschäftsführerin Sabine Kohler und der Geschäftsführer Philipp Hirth gemeinsam mit Ramona Bauermann-Meyer (Frauenbeauftragte der Beschäftigten von Werkstatt Bremen/Martinshof) und mit Ronald Pwlik (Vorsitzender des Werkstattrats) aufgearbeitet.
„Wir wollten das Jubiläum auch nutzen, um die dunklen Jahre während des Krieges aufzuarbeiten. Dafür wollen wir eine wissenschaftliche Begleitung. Ganz wichtig ist die Frage nach dem Verbleib der Menschen, die damals bei den Werkstätten angestellt waren, um auch eine Erinnerungskultur schaffen zu können“, sagte Hirth.
Arbeitsamt und Fürsorgeamt hatten die Werkstatt Bremen im Jahr 1923 als gemeinnützige „Werkstätten für Erwerbsbeschränkte“ gegründet. Im Oktober 1953, vor rund 70 Jahren, entstand dann der Martinshof als „Städtische Sozialwerkstätten und Versorgungheim“.
Ein Ehrengast fehlte
Zu den Ehrengästen zählten unter anderem die früheren Geschäftsführer Günter Oelscher und Hans Horn. Deren Vorgänger Wilfried Hautop musste aus Krankheitsgründen leider fern bleiben.
Er hatte sich aber bereits am frühen Morgen bei der Senatorin gemeldet: „Wer von den Anwesenden hat heute keine SMS von Wilfried Hautop erhalten“, scherzte Stahmann, die auch Aufsichtsratsvorsitzende der Werkstatt Bremen ist, und entschuldigte den langjährigen Geschäftsführer bei den Anwesenden.
Fördern und Fordern
Der Name Martinshof, den die Werkstatt Bremen 1953 auch deshalb erhielt, weil die Kriegsjahre überwunden werden sollten und neues Vertrauen geschaffen werden musste, geht übrigens auf den Heiligen Sankt Martin zurück. „Der Fürsorge-Gedanke stand da im Vordergrund“, so Hirth.
Der Martinshof verstand seine Aufgabe fortan als lebensbegleitende Förderung und die Eingliederung der dort arbeitenden Menschen in den Arbeitsmarkt.
In den Jahren um 2011 hatte der Martinshof bereits sechs Standorte in Bremen eröffnet. Mehr als 2.000 Menschen arbeiteten zu diesem Zeitpunkt in den Einrichtungen.
„Unser Wachstum ist seitdem nicht mehr quantitativ gestiegen, sondern qualitativ“, sagte Sabine Kohler. Heute arbeiten 2.200 Menschen bei der Werkstatt Bremen und dem Martinshof.
Davon sind rund 1.900 Menschen mit Behinderungen als Werkstattbeschäftigte an 37 Standorten und in Außengruppen tätig, von der Gartenarbeit über textile Handarbeit bis zu hochmoderner Fertigungsmontage, im Direktvertrieb in Shops, im Rad-Laden oder bei Weihnachtsausstellungen und am Markt vertreten mit vielen Produkten, darunter die „Bremer Senatsmarmelade“ und der Senatswein von der Mosel.
Wandel geht weiter
„Die beschäftigten Frauen bekommen weniger Geld als de Männer, das wollen wir ändern“, sagte Frauenbeauftragte Ramona Bauermann-Meyer. Der Gender-Pay-Gap existiere leider auch beim Martinshof, wie Hirth eingestand. Das liege vor allem an den Bereichen, in denen Männer und Frauen arbeiten. „Das gilt es abzubauen“, versicherte Kohler.
Künftig soll der Martinshof noch weiter geöffnet und weiterentwickelt werden, wie die beiden Geschäftsführer skizzierten.
Ronald Pawlik schloss treffend ab: „Ein Mensch ist ein Mensch“.