Die kleinen besonderen Dinge

Von Britta Buntemeyer

Wie sich gemeinsames Wandern auf Jugendliche auswirken kann.

Schnurstraks durchs Wohngebiet, mal rechts mal links, und schon ist man draußen in der Natur. Vorbei an Maisfeldern und über kleine Trampelpfade ist bald das Waldgebiet Hemmelskamp erreicht. Weiter geht es über Schönemoor und Stenum mit seinem Forst. Gernot Witt weiß genau, wo‘s langgeht. „Ich kenne die Gegend wie meine Westentasche“, sagt der stellvertretende Leiter vom Jugendhaus Sachsenstraße. So kann er den Jugendlichen, die an diesem Tag mit ihm auf Schusters Rappen unterwegs sind, problemlos hin und wieder kleine Kommandos geben. Unterstützt wird er von der ehemaligen FSJ-lerin Sarah Becker und Betreuer Chris Tenkhoff.
Es geht auf Wanderschaft, 14 Kilometer vom Jugendhaus im Wollepark bis nach Bookholzberg. Seit 2020 bietet die „Hütte“ die gemeinsamen Streifzüge durch die Natur als Ferienprogramm an. Im Sommer aber auch im Herbst, wie es gerade passt. „Wir fahren auch mal Kanu oder mit dem Fahrrad“, erklärt Witt. Die Idee entstand 2020, als die Pandemie kaum noch etwas möglich machte. „Das Ferienprogramm der Jugendhäuser stand schon im März. Wir mussten uns dann etwas Neues überlegen“, blickt Witt zurück. Also hieß es: ab nach draußen.

Immer neue Sachen zu entdecken

Für Valentino (14) und Blnd (15) ist es nicht die erste Wanderung mit dem Jugendhaus Sachsenstraße, sie sind fast jedes Jahr dabei. „Ich mag es, an der frischen zu Luft zu sein“, sagt Valentino. „Es macht Spaß, man sieht immer neue Sachen“, meint sein Kumpel. Für Aaliyah ist es eine Premiere. „Ich bin ab und zu unterwegs. Es gefällt mir, in der schönen Natur zu sein“, sagt die 14-Jährige. In der Regel machen sich sechs bis sieben Jugendliche bei der Ferienaktion auf den Weg, dieses Mal mussten ein paar absagen.
Führte die erste Tour vor drei Jahren noch durch Delmenhorst, folgten danach Harpstedt und Horstedt mit dem Verlauf der Delme. „Es ist natürlich immer schön, wenn man mal die Füße in den Fluss halten oder sogar noch irgendwo baden kann“, weiß Witt. So stand zum Beispiel bereits der Hohenbökener See auf dem Programm, oder man marschierte die Ochtum entlang. Mit dem Kleinbus ging es auch schon zur Thülsfelder Talsperre im Landkreis Cloppenburg oder ins Moor bei Wagenfeld. Die Touren werden dabei immer an die Teilnehmer angepasst. „Wer mitmacht, ist in der Regel ohnehin schon regelmäßig bin Bewegung und sportlich. Aber mitwandern kann jeder, niemand wird ausgeschlossen. Wandern kann auch den Anstoß für andere Sportarten geben“, so Witt.

Gegenseitige Unterstützung

Und dann entwickelt solch eine Wanderung schnell ihre eigene Dynamik. So wie an diesem Tag, als sich Valantino, Blnd und Aaliyah flotten Schrittes an die Spitze setzen und quatschen. „Die Teilnehmer lernen sich besser und auch anders kennen. Es werden auch mal ernste Gespräche geführt“, weiß der stellvertretende Jugendhaus-Leiter. Ebenso werde die Bindung an die Einrichtung stärker und die Atmosphäre im Haus stabiler. „Die Jugendlichen passen aufeinander auf, unterstützen sich gegenseitig. Sie lernen, sich solidarisch zu verhalten“, so Betreuer Witt. Da hilft man sich zum Beispiel auch mal, wenn es zum Planschen in die Delme geht und etwas rutschig werden könnte.
Doch der Kontakt mit der Natur scheint nicht selbstverständlich. Gerade für viele Kinder aus dem Wollepark sei solch eine Wanderung und alles, was dort zu sehen ist, eine neue Erfahrung. Mal ist es das Eichhörnchen, das den Baum hinaufklettert, mal eine Kuhherde mit kleinen Kühen oder eine Pferdeweide. Es sind eben oft die kleinen Dinge, die immer wieder etwas Besonderes sind.