Im Fall der Krawalle in der WM-Finalnacht 2014 in Vegesack wurde die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen. Foto: Füller Im Fall der Krawalle in der WM-Finalnacht 2014 in Vegesack wurde die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen. Foto: Füller
Vegesack/Mitte

WM-Krawalle 2014: Verfahren ohne Öffentlichkeit

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Das Verfahren wegen Landfriedensbruchs gegen vier Angeklagte aus Bremen-Nord findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die vorsitzende Richterin am Bremer Langericht gab damit einem Antrag der Verteidigung statt.

Die heute 17-, 19-, 22- und 41-jährigen Angeklagten sollen in der Finalnacht der Fußballweltmeisterschaft 2014 zusammen mit rund 30 anderen an den Krawallen auf dem Vegesacker Bahnhofsplatz und an dem Angriff auf Passanten und Polizisten beteiligt gewesen zu sein.

Angeklagt sind sie nach wie vor wegen gefährlicher Körperverletzung und besonders schwerem Landfriedensbruch, wie Landgericht-Sprecher Nikolai Sauer bestätigt.

Antrag der Verteidigung

Zwei der Angeklagten waren zum Tatzeitpunkt – vor zweieinhalb Jahren – minderjährig, einer ist noch heute. Aus diesem Grund beantragten ihre Verteidiger den Ausschluss der Öffentlichkeit während der Verhandlung. Sie begründeten dies damit, dass eine öffentliche Verhandlung zu einer Stigmatisierung ihrer Mandanten führen könne.

Dem Antrag gab die vorsitzende Richterin nach kurzer Beratungspause statt. Sie folgte der Begründung der Verteidiger: „Bloßstellungen und Stigmatisierungen müssen ausgeschlossen werden können“, so die Richterin.

30 Leute machten Randale

Den vier Angeklagten wird zur Last gelegt, am 13. Juli 2014, nach dem Finale der Fußballwelteisterschaft, gemeinsam mit etwa 30 anderen zum Vegesacker Bahnhofsplatz gegangen zu sein. Dort soll die Gruppe an abgestlleten Pkw gerüttelt und Deutschland-Fahnen, die an den Autos befestigt waren, abgerissen haben. Zudem sollen sie Fahrzeuge an der Weiterfahrt gehindert haben.

Am Haven Höövt sollen drei der Angeklagten auf einen Streifenwagen eingeschlagen und -getreten haben. Nachdem er von den Beamten umgeparkt worden war, sollen sie ihre Attacke fortgesetzt haben. Das Fahrzeg war laut Anklage nicht mehr einsatzfähig.

Angriffe auf Passanten

Nach diesem Vorfall soll die 30 Personen starke Gruppe zurück zum Bahnhofsvorplatz gegangen sein. Dort sollen zwei der Angeklagten sowie weitere unbekannte Gruppenmitglieder zwei Passanten mehrfach getreten und geschlagen haben. Die Opfer erlitten Schnittwunden, Prellungen und eine Risswunde an der Oberlippe.

Sie flüchteten in die Gaststätte „Muddy’s“. Die vier Angeklagten sollen dort schließlich Pflastersteine, Tische und Stühle gegen die Fenster und die Eingangstür der Gaststätte geworfen haben. Andere Feiernde flüchteten sich daraufhin ebenfalls vom Bahnhofsvorplatz in das „Muddys“. Aus Furcht vor weiteren Angriffen verrammelten Gäste und Personal die Tür von innen.

Polizisten mussten flüchten

Etwa eine Stunde später soll der 22-Jährige Angeklagte mit der noch rund 15 bis 20 Mitglieder starken Gruppe im Bereich der Sagerstraße auf einen Pkw eingetreten haben. Die Fahrzeuginsassen stiegen aus und wurden vom Angeklagten und weiteren Gruppenmitgliedern angegriffen. Eines der Opfer erlitt eine Platzwunde am Hinterkopf sowie eine Schürfwunde am Unterarm.

Ein Opfer lief zu einem Streifenwagen, der im Bereich Alte Hafenstraße und Sagerstraße stand. Die Gruppe verfolgte ihn und lief auf den Streifenwagen zu. Sie schlugen auf den Wagen ein und rissen die Beifahrertür auf. Zudem sollen sie die Heckscheibe eingeschlagen haben, woraufhin die Beamten davon fuhren.

Ungewöhnliche Entscheidung

Die Öffentlichkeit vom Verfahren auszuschließen, sei in einem solchen Fall eher unüblich, erklärt Sauer. Sind Jugendliche angeklagt, werde die Öffentlichkeit immer ausgeschlossen. War jedoch ein Heranwachsender oder ein Erwachsener an der Tat beteiligt, sei eine Verhandlung immer öffentlich.

„Die Öffentlichkeit wird nur in Ausnahmefällen beschränkt. Im vorliegenden Fall kollidiert das hohe Gut der Öffentlichkeit mit dem Schutz der Jugendlichen“, so Sauer weiter. Es sei eine Erwägung, die das Gericht anstellen müsse. Die Vorschrift beruhe auf dem Schutz- und Erziehungsgedanken.

Ermittlungen dauerten lange

Doch warum hat es ganze zweieinhalb Jahre gedauert, bis das Verfahren eröffnet wurde? Grundsätzlich gelte für alle Strafverfahren ein Beschleunigungsgebot, so Sauer weiter. Insbesonere in Jugendstrafsachen gelte dies umso mehr, um erzieherisch auf die Jugenlichen einwirken zu können.

Im vorliegenden Fall habe jedoch die Ermittlung sehr viel Zeit in Anspruch genommen, da es sich um eine große Zahl Verdächtiger und Zeugen handelte. Ursprünglich seien elf Personen vor dem Amtgericht Blumenthal angeschuldigt worden. Die Beweislast habe jedoch nicht gereicht. Ein damals Angeschuldigter soll inzwischen in Blumenthal angeklagt und die Tat verhandelt worden sein.

Vom Amtgericht zum Landgericht

„Bis ein Verfahren vom Amtsgericht zum Landgericht kommt, vergeht ebenfalls viel Zeit“, so Sauer weiter. Im Verhältnis zu sonstigen Fällen, die am Langericht verhandelt würden, wie etwa Sexualstraftaten und Morde, sei die Deliktsqualität dieses Falls nicht so hoch. Der Verhandlung finde nur am Landgericht statt, weil der Umfang so groß sei, so Sauer.

Die weiteren Verhandlungstermine finden ebenfalls unter Auschluss der Öffentlichkeit am Landgericht Bremen statt.

 

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